Fakten und Zahlen:
Wir begleiten Prozesse gegen Hausbesetzer*innen in Thessaloniki und Athen (Griechenland), gegen Geflüchtete und andere Aktivist*innen auf Lesbos und in Athen (Griechenland), in Szeged (Ungarn), gegen Aktivist*innen in Kroatien,…Hier findet ihr Infos zu den Hausbesetzungen in Thessaloniki. Die anderen Verfahren findet ihr auch auf unserem Blog.
- Insgesamt sind in Thessaloniki 121 Personen ageklagt. Dazu gehören die Verhafteten bei den Räumungen der drei Hausbesetzungen “Hurriya”, “Orfanotrofeio” und “Nikis”, sowie die Verhafteten bei der Protestaktion in einer Kirche gegen die Räumung des “Orfanotrofeio” und bei einem Protest gegen den Tod der schwangeren Asas Ragda im Refugee Camp Softex bei Thessaloniki. Nun kamen im Frühjahr 2017 noch die 22 angeklagten Besetzer*innen der Besetzung “Albatros” dazu. Zusätzlich wurden in Athen bei den Räumungen von „Alkiviadou“ und „Villa Zografou“ im Frühjahr 2017 über 200 Menschen verhaftet und angeklagt.
- In diesen Fällen wurden bis jetzt 8 Prozesse geführt gegen insgesamt 80 Personen, der Prozess gegen die 58 Besetzer*innen des “Hurriya”-Squats wurde verschoben auf September 2018, der Prozess gegen die 9 Besetzer*innen der Besetzung “Albatros” geht in Revision.
- Die bisherigen Kosten der Verfahren und Strafen summieren sich auf eine Summe zwischen 12.000 und 20.000 Euro (!). Zeigt euch solidarisch und unterstützt uns mit euren Spenden!
Zerstörtes Orfanotrofeio-Squat in Thessaloniki
Die Ergebnisse der bisherigen 8 Prozesse:
Mehr Details zu den Prozessverläufen und den Statements vor Gericht sowie Gerichtsinhalten im Liveticker auf OpenBorder
- Donnerstag, 28. Juli 2016: Urteil für die 9 Leute aus dem Squat Nikis
2 Aktivist*innen aus Italien, sowie ein Mensch aus Patras wurden freigesprochen. Die 6 Aktivist*innen aus Thessaloniki wurden zu 4 Monaten Haft auf 2 Jahre Bewährung verurteilt und ein*e weitere*r Aktivist*in zu einer Zahlung von 5 Euro pro Tag über ein halbes Jahr, insgesamt 1200 Euro, plus Gerichtskosten in Höhe von 200 – 400 Euro pro Person. Zeigt euch solidarisch uns spendet Geld für die Betroffenen!
- Montag, 1. August 2016: Urteil gegen die 24 Verhafteten einer Protestaktion während eines Gottesdienstes in Thessaloniki gegen die Räumung des Orfanotrofeio Squats
Bei einer Protestaktion während eines Gottesdienstes in Thessaloniki wurden Flyer gegen die Räumung des Orfanotrofeio Squats verteilt (Räumungen müssen in Griechenland von “Eigentümer*innen” angeordnet werden, dies war beim Orfanotrofeio die Kirche). Die Polizei stürmte daraufhin in die Kirche und verhaftete 24 Aktivist*innen mit dem Vorwurf der “Störung religiöser Handlungen” etc. Sie wurden auf die Wache zur ED-Behandlun gebracht. Es sind Refugees und Nicht-Refugees angeklagt. Aktivist*innen die Fingerabdrücke verweigert haben werden zu 6 Monaten Haft, ausgesetzt zu 3 Jahren Bewährung verurteilt. Alle anderen sind freigesprochen, haben allerdings die Gerichtskosten zu tragen.
- Mittwoch, 3. August 2016: Verurteilung der 5 angeklagten Besetzer*innen des Orfanotrofeio
Das Urteil gegen die 5 Besetzer*innen des Orfanotrofeio lautet: Die 4 schwedischen und eine griechische Freund*innen wurden zu jeweils 10 Monaten Gefängnis auf 3 Jahre Bewährung verurteilt, d.h. sollten sie in den 3 Jahren eine Straftat begehen kommen sie 10 Monate ins Gefängnis. Zusätzlich muss eine Person eine Strafe von 4200,- Euro zahlen. Dazu stehen Gerichtskosten von 200 bis 400 Euro pro Person an. Die Anwält*innen sind solidarisch und wollen kein Geld. Eine Person (Geldstrafe) ist in Berufung gegangen.
- Dienstag, 16. August 2016: Prozess gegen 3 Refugees aus dem Camp Softex bei Thessaloniki wegen angeblicher Körperverletzung eines Polizisten.
Die drei Freunde sind angeklagt bei Ausschreitungen und Protesten wegen des Todes der schwangeren Asas Ragda, nach verweigerter Behandlung durch Ärzt*innen am Donnerstag 28. Juli 2016 im Camp Softex bei Thessaloniki, einen Polizisten verletzt zu haben. Die Angeklagten haben es geschafft vor dem Prozesstermin unterzutauchen.
- Freitag, 13. Januar 2017: Doppelte Revision des Prozesses gegen die 24 Aktivist*innen der Kirchen-Protestaktion zur Räumung des Orfanotrofeio in Thessaloniki (Griechenland).
Gegen das Urteil vom 1.8.2016 (s.o.) ist am Freitag, den 13.01.2017, die griechische Staatsanwaltschaft erneut vor Gericht gezogen. Von dem Vorwurf der „Beleidigung der Kirche“ wurden alle 24 Angeklagten (19 waren anwesend) nach mehrstündiger Verhandlung freigesprochen. Die Richter sahen es als nicht erwiesen an, wer genau die Kirche betreten hatte. Dazu zweifelten sie – sehr zum Missfallen der anwesenden Kirchenvertreter – an, inwiefern diese, in ihren Augen in einer Kirche zwar unangemessene, aber politische, Protestaktion eine Verletzung religiöser Gefühle und Beleidigung der Kirche dargestellt hatte. Es waren bis zu 100 Unterstützer*innen vor Ort, die den Prozess lautstark und kritisch begleiteten.
- Donnerstag, 4. Mai 2017: Prozesstermin gegen die 22 Besetzer*innen des Albatros in Thessaloniki (Griechenland)
Verschoben. Der neue Termin wurde angesetzt auf den 15. Dezember 2017.
- Mittwoch, 31. Mai 2017: Berufungs-Prozesstermin gegen 5 Besetzer*innen des Orfanotrofeio in Thessaloniki (Griechenland)
Gegen die Verurteilung vom 3. August 2016 (s.o) sind die Angeklagten in Berufung gegangen. Alle angeklagten 5 Besetzer*innen wurden vom Gericht als nicht schuldig befunden. Dies aufgrund der Tatsache, dass eine Zeugin aus dem Plenum der Orfanotrofeio bestätigte, dass die 4 Internationalist*innen im Gebäude nur übernachtet hatten und die griechische Aktivistin nicht von Anfang an dabei gewesen wäre. Gleichzeitig übernahmen die Orfanotrofeio-Aktivist*innen die volle Verantwortung und verteidigten die Besetzung Orfanotrofeio politisch. U.a. der Fakt, dass die griech. Kirche 10 Monate nach der Räumung und Zerstörung nichts auf dem Gelände getan hatte, spielte eine Rolle für das Gericht. Mehr als 100 Genoss*innen unterstützten die Angeklagten vor Gericht und zogen im Anschluss unter lautstarken Protestrufen in einer Demonstration in das Zentrum von Thessaloniki.
- Donnerstag, 22. Juni und Mittwoch, 8. November 2017: Prozesstermin gegen die 54 Besetzer*innen des Hurriya in Thessaloniki (Griechenland)
Beide Male wurde die Verhandlung nach fünf Minuten weiter verschoben, zuletzt auf September 2018.
- Freitag, 15. Dezember 2017: Prozesstermin gegen die 9Besetzer*innen des Albatros in Thessaloniki (Griechenland)
Bis auf eine Person aus Deutschland, die einen separaten Anwalt beauftragt hatte, der sich vor Gericht mit dem einzigen Ziel, einen Freispruch zu erlangen, gegen Hausbesetzungen aussprach, wurden alle Angeklagten zu sechs Monaten Haft auf Bewährung verurteilt. Auch diejenigen ohne europaeischen Pass wurden entgegen aehnlichen Faellen verurteilt. Eine andere Person, die nicht bei der Räumung festgenommen wurde, aber bei der Verhaftung anwesend war und wegen Widerstand gegen die Staatsgewalt angeklagt war, wurde zu 7 Monaten Haft auf Bewährung verurteilt.
Obwohl wir uns freuen, dass die Besitzer*innen es nicht schaffen werden, den Angeklagten mit der Hilfe des Rechtssystems Geld abzunötigen, werden wir das Urteil nicht akzeptieren. Zusammen mit den Anwält*innen sind wir zuversichtlich in einem Berufungsverfahren einen Freispruch erwirken zu können.
- 17. September 2018: Prozesstermin und Urteil gegen die 58 Besetzer*innen des Hurriya-Squats in Thessaloniki Griechenland): Freispruch für 60 Angeklagte im letzten Gerichtstermin der Hurriya-Besetzung am 17. September 2018Nach bereits fünf Verschiebungen der Prozesstermine seit der Räumung der Hurriya-Besetzung in thessaloniki nach dem No Border Camp im Juli 2016, ist es nun endlich zu einer Urteilsverkündung gekommen. Den 60 angeklagten Personen wurde Störung öffentlichen Friedens und kollektive Beteiligung an krimineller Sachbeschädigung in besonders hohem Wert vorgeworfen. 30 von 60 Personen wurde darüber hinaus Verstoß gegen das Präsidialdekret vorgeworfen (hierbei handelt es sich vermutlich um diejenigen, die die Abgabe von Fingerabdrücke und Fotos verweigert haben).
Anmerkung: Die oben genannten Vorwürfe sind aus dem griechischen Gesetz und ins Deutsche übersetzt, deshalb nicht eins zu eins auf deutsche Rechtslage übertragbar.
Aufgrund des Mangels an personalisierten Beweisen der 60 Personen war das gerichtliche Urteil ein Freispruch in allen oben aufgezählten Punkten für alle Beteiligten dieses Gerichtsprozesses. Die 60 Angeklagten wurden von sechs solidarischen Anwält*innen vertreten und die Kosten, die für diesen Prozess entstanden sind, trägt die Kampagne You cant evict solidarity.
Ein großer Dank und Anerkennung geht an die sechs Anwält*innen, die die Menschen ausdauernd in den immer wieder verschobenen Prozessterminen vertreten haben! Wir freuen uns,sehr über das positive Resultat des Prozesses mit einem Freispruch für alle – insbesondere in so extrem repressiven Zeiten wie diesen.
Dennoch: noch immer sind viele Menschen von Repressionen betroffen und dafür geht der Kampf weiter!
Our passion for freedom is stronger than any prison!