Monthly Archives: May 2019

[PAZ Hernals 6] Angeklagte PAZ Hernals 6 in Wien verurteilt

Am 14. September 2018 brannte es im Abschiebegefängnis (PAZ) am Hernalser Gürtel in Wien. Eine Zelle war als Widerstand gegen Inhaftierung und bevorstehende Abschiebungen angezündet worden.

Am 23. März 2019 gegen 18 Uhr wurde am Wiener Landesgericht der Prozess gegen die sechs Angeklagten wegen des Brandes im Polizeianhaltezentrum Hernalser Gürtel fortgesetzt und schließlich ein Urteil gefällt.

Nach über sechs Monaten in Untersuchungshaft endet für drei der Verurteilten der Strafprozess mit Haftstrafen auf Bewährung. Allerdings wird von Seiten der Justiz bereits die Überstellung ins Abschiebegefängnis PAZ vorbereitet.

Die drei weiteren Angeklagten wurden zu mehrmonatigen Haftstrafen ohne Bewährung verurteilt. Das Urteil blieb allerdings weit hinter den Forderungen des Staatsanwalts zurück: Die Verurteilten wurden weder für Brandstiftung, noch für vorsätzliche, sondern für fahrlässige Sachbeschädigung, Gemeingefährdung und Körperverletzung schuldig gesprochen.

[Bulgarien] Bulgaria is about to deport a political refugee to Turkey

The following text is written by Bordermonitoring Bulgaria:

Bulgaria is about to deport a political refugee to Turkey

On March 1^st 2019, the Bulgarian police has detained a Turkish citizen from the Kurdish minority Mr. Ilhan Karabag, who was living in Bulgaria for 3 years. He lived in Ovcha Kupel in a camp of the State Agency for Refugees (SAR). The reason given for his arrest is a request for deportation from the Turkish state on the account of participating in a political organization which is banned in Turkey. He is not persecuted for any other crimes aside from being a member of the said banned organization.

Since the moment he was arrested Mr. Karabag is detained at the main building of the National Investigative Service with the right to receive visitations only two times per month. Until now he has attended three sessions in the Sofia City Court (SCC). On the last two of them a representative of the Turkish diplomatic mission in Bulgaria was present in the court hall. The presence of this representative is seen as a brutal attempt to put pressure on the decision of the court. On April 9^th the court has decided to deport Mr. Karabag but the decision is appealed in front of a higher court – the Sofia Court of Appeal (SAC).

The date for the next session is still to be announced. The unfortunate decision of the court means that Mr. Karabag is facing a long-term prison sentence in Turkey for being politically active and without committing an actual crime. The Initiative for Migrant Solidarity issued a statement against the deportation of Mr. Karabag: „Taking the decision for the deportation of Mr. Karabag in Turkey, the Bulgarian state is easily sending a human life into the hands of the Turkish authoritarian jurisdiction and violates the international conventions for providing refuge to the politically persecuted people.“

<https://balkaninsight.com/2016/10/18/bulgaria-denies-controversial-deportation-of-gulen-supporters-to-turkey-10-18-2016/>

In the recent years there were other instances happening, that have ended quickly with the deportation of Turkish citizens from Bulgaria to Turkey.

<https://bulgaria.bordermonitoring.eu/2016/08/15/push-backs-bulgarian-turkish-cooperation-will-lead-to-more-violation-of-human-rights/>

Bordermonitoring Bulgaria (BMB) is sharing the concern of an unfair asylum procedure, which is furthermore based on the statistics of applications and granting of protection status at first instance in the last year:

<https://www.asylumineurope.org/reports/country/bulgaria/statistics>

Not a single person from Turkey who asked for asylum in the year of 2018, was accepted by the SAR.

On May 29th 2019 the Sofia Administrative Court will decide to accept or reject Mr. Karabag’s appeal for political asylum in Bulgaria. In the previous court session there was at least one presence of a Turkish diplomat. On May 28th 2019 the SAC will decide on his deportation. His eventual following deportation would result in his immediate incarceration, as Mr. Karabag has been sentenced in Turkey to 6 years and 3 months in jail.

[Lesbos] Freispruch für die angeklagten Betroffenen des Pogroms auf Lesbos von April 2018

Wir veröffentlichen einen Bericht von Genoss*innen von Lesbos:
110 der Betroffenen des faschistischen Pogroms, das am 22. April 2018 auf dem zentralen Platz in Mytilini stattgefunden hat sind am 9ten Mai 2019 in allen Punkten freigesprochen worden.
Ihnen wurde Widerstand gegen die Staatsgewalt und illegale Besetzung oeffentlicher Raeume vorgeworfen. Der Ausgang dieses Prozesses ist sehr erfreulich- wenn auch der einzig logische, denn wie so viele Faelle von Kriminalisierung von Migrant*Innen haette er gar nicht erst vor Gericht gehen duerfen. *
Waehrend der Verhandlung wurde durch Aussagen von ZeugInnen und Angeklagten klar, dass von Seiten des Staates versucht wurde das Recht der MigrantInnen auf friedliche Versammlung zu kriminalisieren. Dies geschah unter anderem durch die Trennung der Besetzung des Platzes von den faschistischen Angriffen in jener Nacht. Gerade einmal 17 der 200-300 FaschistInnen sind nach den Geschehnissen auf dem Sapfos Square festgenommen worden, der Prozess gegen sie steht noch aus. Es wurde ausserdem offensichtlich, dass es keine Beweislage dafuer gibt dass von Seiten der BesetzerInnen Verbrechen begangen worden sind, so ist dieser Freispruch eine wichtige Anerkennung des Gerichts des Rechts auf friedliche Versammlung, das dem behaupteten Verbrechen – illegale Besetzung eines oeffentlichen Platzes- uebersteht.
* Am 22. April 2018 zogen ca. 180 MigrantInnen auf den Sappho Square, den zentralen Platz in Mytilini, um gegen die anhaltenden schlechten Zustände in Moria, unzureichende medizinische Versorgung, Inhaftierung auf der Insel und die langen Wartezeiten im Asylprozess (momentan gibt es Menschen auf der Insel, die ihren Termin zur Asylanhörung im Jahre 2023 haben). Konkreter Auslöser der Mobilisierung war der Tod eines Asylsuchenden mit schweren gesundheitlichen Problemen. Vor Ort wurden die Protestierenden über Stunden von Dutzenden Faschisten angegriffen, mit Pyro beschossen und mit Steinen beworfen ohne dass die Polizei einschritt. Es gab Dutzende Verletzte.

[Lesbos] Pogrom auf Lesbos 2018: Angeklagt sind jetzt die Angegriffenen…

Aus Anlass des Prozesstermins am bergangenen Donnerstag auf Lesbos veröffentlichen wir erneut einen Artikel von Freund*innen aus Lesbos. Aktuelle Infos zum Prozesstermin veröffentlichen wir die kommenden Tage:

In der Nacht vom 22. April 2018 griffen eine Gruppe von 200-300 Faschisten eine große Gruppe von Geflüchteten auf dem zentralen öffentlichen Platz in Mytilini auf der griechischen Insel Lesbos an. Der Pogrom dauert die ganze Nacht an und ließ eine Reihe von Verletzten zurück. An Ende wurden nicht die Nazis, sondern die attackierten 120 Geflüchteten verhaftet.

Einige Tage zuvor war eine Gruppe geflüchteter Menschen aus dem überfüllten Lager Moria auf den Sappho Square umgezogen. Die Gruppe besetzte den zentralen Platz in Mytilini und blieb dort Tag und Nacht. Aktueller Anlass war, dass aufgrund mangelnder medizinischer Versorgung im Lager ein Mensch (im Krankenhaus) starb. Der Protest richtete sich aber auch generell gegen die gefängnisartige Situation im Lager Moria.

Jeden Sonntag findet an der Stadthalle in Mytilini eine kleine Militärparade mit Flaggenhissen statt. Am Sonntag, den 22. April kamen die Faschisten aus ganz Griechenland zur Parade und zogen dann zum Sappho Square. Die Cops waren bereits dort und formierten eine Absperrung zwischen den Menschen auf dem Platz und den Faschisten. Etwa um 21 Uhr gab es den ersten Angriff: aus den Reihen der Faschisten flogen Fackeln und Steine auf die Protestierenden. Diese waren vorbereitet und hatten zusammen mit Dutzenden griechischen und internationalen Unterstützer_innen einen Kreis um Kinder, Frauen und Alte gebildet und zum Schutz ein Zelt aus Decken errichtet.

Die Cops verhandelten mit beiden Gruppen. Die Protestierenden waren entschlossen zu bleiben, die Faschisten wollten dies um jeden Preis verhindern. Geflüchtete, die zur Unterstützung der Protestierenden aus dem Lager Moria hinzukommen wollten, wurden durch die Cops gestoppt und zum Lager zurückgebracht. Das Lager wurde geschlossen.

Ein neuer Angriff folgte, diesmal wurden Böller geworfen, brennende Mülltonnen wurden durch die Polizeiabsperrung geschoben. Faschisten versuchten immer wieder durch die Polizeireihen zu brechen.

Im Laufe der Nacht wurde viele Verletzte weggetragen, teils bewusstlos oder mit blutenden Kopfwunden nach Steinwürfen. In einem nahliegenden Gebäude versorgten solidarische Menschen Verletzte. Es dauerte lange bis der erste Krankenwagen eintraf. Dank der solidarischen Strukturen auf der Insel waren schnell Ärzt_innen vor Ort.

Der Mob der Faschisten wuchs auf mehrere 100 Leute an. Zwei Polizeibusse hatten die Sicht zwischen den Protestierenden auf dem Platz und den Faschisten abgesperrt. Die Decken gaben zwar den Kindern und alten Leuten einen gewissen Schutz, aber die Knallkörper explodierten immer wieder zwischen den Menschen. Es flogen immer weiter Steine etc. auf die Leute auf dem Platz. Trotz der großen Gefahr und den vielen Verletzten blieben die Leute auf dem Platz beeindruckend ruhig und gefasst und schmissen nicht zurück. Sie wollten um keinen Preis zurück nach Moria.

Kleine Gruppen von Faschisten versuchten von allen Seiten näher an die Protestierenden heranzukommen. Es flogen permanent Gegenstände darunter große Steine, Molotowcocktails und große Böller. Die Faschisten nahmen den gewaltsamen Tod von Protestierenden in Kauf.

Die Cops nutzen dann Tränengas, Pfefferspray und ihre Knüppel, um die Rassisten/Faschisten auf Distanz zu halten. Dazu waren aber nur sehr wenig Cops vor Ort. Viele von ihnen waren damit beschäftigt, Geflüchtete in Moria festzuhalten. (Diese Nacht enttarnte das rassistische Gesicht der griechischen Cops.)

Um 4 Uhr morgens begannen die Cops, die Menschen auf dem Platz zusammenzutreiben und Unterstützer_innen mit Pfefferspray zu attackieren. Da die Geflüchteten nicht freiwillig in die bereitgestellten Polizeibusse einsteigen wollten, setzten die Cops Pfefferspray und physische Gewalt ein. Das führte zu brutalen Szenen: Die Cops traten Leute oder zog sie an ihren Haaren über den Platz. Unfassbar – nachdem die Menschen 8 Stunden von Faschisten attackiert wurden, wurden sie von den Cops verhaftet und ins Gefängnis gebracht.

Alle 122 Personen (120 protestierenden Geflüchtete und zwei solidarische Griech_innen wurden noch am selben Tag freigelassen. Es gibt drei Anklagepunkte: Besetzung eines öffentlichen Platzes, Widerstand gegen die Staatsgewalt und Aufruhr.

Die Verhandlung soll am 9. Mai 2019 stattfinden.

Genoss_innen beschrieben die Nacht als brutale Niederlage. Umso stärkender war die wenige Tage stattfindende Antifaschistische Demo mit 500 solidarischen Leuten. (Verglichen mit der Zahl der Einwohner_innen entspricht dies einer Demo in Hamburg mit rund 20.000 Leuten)

In den Wochen nach dem brutalen Überfall werteten Antifaschist_innen zusammen mit solidarischen Anwält_innen unzähliges Bildmaterial aus und erstattet Anzeige gegen die Angreifer.

Nach Medienangaben haben erst Anfang November 2018 Polizeifahnder 26 Griechen identifiziert, die im April Migranten und Polizisten auf der Insel Lesbos attackiert hatten. Laut Angaben der griechischen Polizei wird den Beschuldigten unter anderem Widerstand gegen die Staatsgewalt und schwere Körperverletzung vorgeworfen.