Aufruf & Statement aus Calais: Wir lassen uns nicht vertreiben!

Um es kurz zu machen, es wird ein großes Gebäude belagert (neben anderen besetzten Häusern) und wir rufen zur Unterstützung auf, drinnen und draußen, jetzt und für die kommenden Tage. Im Anhang findet ihr Bilder vom Dach des Gebäudes und die beiden vorherigen Stellungnahmen. Im Folgenden findet ihr die letzte Stellungnahme.

Stellungnahme – Wir lassen uns nicht vertreiben!

Seit Freitag, dem 4. Februar, haben wir ein Gebäude in der Rue d’Ajaccio besetzt, welches für ein Jahr leer stand. Diese Besetzung fand im Rahmen des commemoraction statt, ein internationaler Tag der Mobilisierung, initiiert von den Familien und Verwandten von Menschen, die an den Grenzen gestorben sind, um die mörderische Migrationspolitik Großbritanniens, Frankreichs und der EU öffentlich zu machen.

In Calais leben ungefähr 1500 Leute auf der Straße in inakzeptablen Lebensbedingungen. Menschen, die vertrieben wurden und geflüchtet sind, besetzen Brachflächen und haben keinen Zugang zu Grundversorgung wie Unterbringung, Hygieneeinrichtungen, Wasser, Essen und medizinischer Versorgung.
Der Staat zwingt Menschen in extrem prekäre Lebensbedingungen und in die Unsichtbarkeit, beispielsweise indem sie illegale Räumungen alle 48 Stunden durchführen, persönliche Gegenstände die durch die Polizei geklaut werden, durch die Beseitigung von Wohnorten ohne, dass es die Möglichkeit gibt sich vor einem Richtiger zu verteidigen und natürlich die regelmäßige Polizeigewalt. Die französische und britische Regierung, neben Natacha Bouchard und ihren ganzen Freunden, haben eine politische Angelegenheit absichtlich in eine humanitäre Krise verwandelt, sie behalten Menschen, die eine Grenze überqueren wollen, in einer Situation des reinen Überlebens.

Aber vertriebene und geflüchtete Menschen sind nicht die einzigen, die die Prekarität und den Mangel an Wohnungen in der Region von Calais ertragen müssen. Die gesamte Wohnsiedlung, in der das belagerte Gebäude steht, soll geräumt und dann zerstört werden. Während manche Leute schon geräumt wurden, so wie in dem Gebäude dass wir besetzen, gibt es andere, die sich immer noch ihrer Räumung widersetzen, da es keine Alternativvorschläge von Seiten des Rathauses gibt.
Es ist dieser Zusammenhang, welcher dazu geführt hat, dass viele BewohnerInnen gekommen sind um ihre Solidarität zu zeigen, als am Montag den 7. Februar die ersten Polizisten kamen. Daher konnten wir unsere Ablehnung gegenüber dem “Kampf der Armen” ausdrücken. Ob französisch oder ausländisch, mit oder ohne Papiere, ein Dach über dem Kopf zu haben, ist ein Recht. Zusätzlich weigert sich die Polizei bei mehreren Anlässen die Beweise für die Besetzung anzunehmen.

Seit heute Nachmittag um 14 h wird das Gebäude von einer unterproportional großen Polizeipräsenz umzingelt. Die Polizei erlaubt es niemandem das Gebäude zu betreten oder Essen, Wasser oder anderes Equipment anzubieten.

Wir wiederholen unsere Forderungen: wir fordern ein Ende der Räumungen in Calais. Wir fordern ein Ende der Schikanen und Belästigung an der Grenze durch die Polizei. Wir fordern eine Regulierung von allen Besetzungen in der Stadt. Und schlussendlich fordern wir die Beschlagnahmung aller leerstehenden Gebäude in Calais, nachhaltige Lösungen die allen EinwohnerInnen angeboten werden sollten, unabhängig von ihrem administrativem Status oder ihrer Verletzlichkeit.

Bis unsere Forderungen nicht erfüllt sind, werden wir dieses Gebäude nicht verlassen. Wir weigern uns von dieser Polizeipräsenz verängstigt zu werden und wollen Euch daran erinnern dass die Zeit für ein “Delit de Flagrance” vorüber ist: es wird keine Räumung ohne eine ausführbare Entscheidung des Gerichts geben. Wir lassen uns nicht abführen!

Wir bitten alle, die solidarisch mit den Menschen auf der Straße und an der Grenze sind und glauben dass es ein Recht auf Wohnen gibt, zu kommen und uns dabei zu helfen, dieses Gebäude, dass wir besetzt haben zu verteidigen!

Die Einwohner*innen