Category Archives: Urteil

[Röszke11] Das letzte Urteil: 5 Jahre Haft für Ahmed H.

Wir dokumentieren einen Bericht der Kampagne FreetheRöszke11 von der wir auch Teil sind:

The trial is over. We are somehow speechless, captured between hope and rage about the conviction. We need to reflect upon the final verdict and will soon publish a statement. For now, all our thoughts and messages are with Ahmed!

Nonetheless we share with you a statement of the international observation delegation, amongst others formed by European Civic Forum and Swiss Democratic Lawyers:
(get their pdf in English // Deutsch // Francais)

Statement of the international observation delegation of the trial against Ahmed H.

Szeged, Hungary, 20.9.2018
On September 20 th 2018, we were again as international observers at the trial against the Syrian Ahmed Hamed in Szeged (Southern Hungary). In September 2015, Ahmed H. had accompanied his parents and his brother’s family fleeing the war from Syria to Europe. He himself is married to a Cypriot woman and has two children with her. He was helping his family for obvious humanitarian reasons. Unfortunately, violent clashes between the police and the refugees occurred near the little town of Röszke after the sudden closing down of the Hungarian border. Ahmed was then arrested as a “gang leader”.

In the first instance, Ahmed H. was sentenced to 10 years imprisonment for “terrorism” in a summary trial. In the revision in March 2018, at which we already assisted, the sentence was reduced to 7 years. The accusation of terrorism remained.
Now the trial in the second instance took place before the Court of Appeal in Szeged.
After the pleas of the public prosecutor’s office and the defence, as well as the final word of the accused, the three judges announced their verdict the same morning. Although the prosecutor still insisted on an extremely high sentence of 14 to 25 years of imprisonment, the judges reduced the sentence to 5 years.
The Court of Appeal considered it as proven that Ahmed H. had initially mediated in the protests against the closing of the border and helped injured persons. After the police had massively used tear gas and water cannons against the migrants, old people and children, Ahmed and other migrants threw stones against the police
officers posted behind the border fence. The judges argued that through his behaviour, the accused had used forceful means to demand that Hungarian border should be opened for migrants – against the will of the police and of the Hungarian state. In their interpretation, this equalled terrorist handling. In our eyes, this is an untenable construct to legitimise the accusation of “terrorism”. In Hungary, terrorism is punishable by a minimum sentence of 10 years of prison. The Court of Appeal pronounced, like the second judgement of the first instance, even less than the minimum sentence because it took into account Ahmed’s mediating behaviour and his
regret about the stones he had thrown.
But nevertheless: Ahmed H. is now convicted as a terrorist for having thrown five stones from a distance of 30 meters against a police cordon. Nobody had been hit or injured. As international observers, we are extremely shocked by this sentence. This verdict shows once again that the trial was a political trial, in which Ahmed H. had to serve as a scapegoat to justify the anti-refugee and racist policies of the Hungarian government. The sentence equally shows the lack of independence of the judges from the government. Moreover, through the extensive use of the concept of terrorism, the verdict opens the door to the further criminalization of refugees and their supporters as well as of possible oppositional social movements.

Ahmed H. has already been in detention for three long years. The court recognises that these 3 years will be taken in account in the punishment of 5 years. Additionally, Ahmed has been banned from the country for 10 years and has to stand up for most of the costs of the proceedings. Fortunately, the judges also ordered the transfer of Ahmed to the normal prison system and stated that if good conduct continued, he could be released conditionally in four months.

We hope that Ahmed H. will soon be able to return to his wife and children! This would at last be the end of a kafkaesque tragedy that has shown the lack of independence of the legal system from a brutal political power.

Claude Braun (CH), Camillo Römer (D) and Michael Rössler (CH, D) from the European
Civic Forum, Basel (CH)

Guido Ehrler, lawyer, Basel (CH), mandated by the Democratic Jurists Switzerland

[Hurriya] Freispruch für 60 Angeklagte der Hurriya-Besetzung

Freispruch  für 60 Angeklagte im letzten Gerichtstermin der Hurriya-Besetzung am 17. September 2018

Nach bereits fünf Verschiebungen der Prozesstermine seit der Räumung der gefüchtetensolidarischen Hurriya-Besetzung in Thessaloniki nach dem No Border Camp im Juli 2016, ist es nun endlich zu einer Urteilsverkündung gekommen. Den 60 angeklagten Personen wurde Störung öffentlichen Friedens und kollektive Beteiligung an krimineller Sachbeschädigung in besonders hohem Wert vorgeworfen. 30 von 60 Personen wurde darüber hinaus Verstoß gegen das Präsidialdekret vorgeworfen (hierbei handelt es sich vermutlich um diejenigen, die die Abgabe von Fingerabdrücke und Fotos verweigert haben).

Anmerkung: Die oben genannten Vorwürfe sind aus dem griechischen Gesetz und ins Deutsche übersetzt, deshalb nicht eins zu eins auf deutsche Rechtslage übertragbar.

Aufgrund des Mangels an personalisierten Beweisen der 60 Personen war das gerichtliche Urteil ein Freispruch in allen oben aufgezählten Punkten für alle Beteiligten dieses Gerichtsprozesses. Die 60 Angeklagten wurden von sechs solidarischen Anwält*innen vertreten und die Kosten, die für diesen Prozess entstanden sind, trägt die Kampagne You cant evict solidarity.

Ein großer Dank und Anerkennung geht an die sechs Anwält*innen, die die Menschen ausdauernd in den immer wieder verschobenen Prozessterminen vertreten haben! Wir freuen uns,sehr über das positive Resultat des Prozesses mit einem Freispruch für alle – insbesondere in so extrem repressiven Zeiten wie diesen.

Dennoch: noch immer sind viele Menschen von Repressionen betroffen und dafür geht der Kampf weiter!

Our passion for freedom is stronger than any prison!

[Ungarn] Erklärung der internationalen Beobachtungsdelegation am Prozess gegen Ahmed H. Szeged, Ungarn, 20.9.2018

Am 20. September 2018 waren wir erneut als internationale Beobachter beim Prozess gegen den Syrer Ahmed Hamed in Szeged (Südungarn). Ahmed H. hatte im September 2015 seine Eltern und die Familie seines Bruders auf der Flucht von Syrien nach Europa begleitet und aus menschlicher Not gehandelt, als es nach der plötzlichen Schliessung der ungarischen Grenze zu gewaltsamen Auseinandersetzungen zwischen der Polizei und den Flüchtenden kam. Danach wurde er als „Rädelsführer“ verhaftet.

In der ersten Instanz war Ahmed H. in einem Schnellverfahren zu 10 Jahren Haft wegen „Terrorismus“ verurteilt worden. In der Revision im März 2018, an der wir bereits anwesend waren, wurde das Strafmass auf 7 Jahre reduziert. Der Terrorvorwurf blieb bestehen.

Jetzt fand die Verhandlung in der zweiten Instanz vor dem Berufungsgericht in Szeged statt. Nach den Plädoyers der Staatsanwaltschaft und der Verteidigung sowie dem Schlusswort des Angeklagten kam es noch am Morgen zur Urteilverkündigung der drei RichterInnen. Obwohl die Staatsanwaltschaft nach wie vor auf einem extrem hohen Strafmass von 14 bis zu 25 Jahren Gefängnis beharrte, reduzierten die RichterInnen die Strafe von der ersten Instanz noch einmal auf jetzt 5 Jahre. Das Berufungsgericht hielt es für erwiesen, dass Ahmed H. bei den Protesten gegen die Schliessung der Grenze anfänglich vermittelt und verletzten Personen geholfen hatte, sich dann aber nach mehreren Stunden zu fünf Steinwürfen gegen die hinter dem Grenzzaun postierten Polizisten hinreissen liess, nachdem diese massiv Tränengas und Wasserwerfer auch gegen alte Menschen und Kinder eingesetzt hatten.

Durch sein Verhalten habe der Angeklagte unter Anwendung von Gewalt die Forderung erhoben, gegen den Willen der Polizeiführung ungarisches Territorium rechtswidrig zu betreten. Er wollte somit die Staatsorgane nötigen, die Grenze zu öffnen – eine in unseren Augen unhaltbares Konstrukt, um den Vorwurf des „Terrorismus“ zu legitimieren. In Ungarn ist Terrorismus mit einer Mindeststrafe von 10 Jahren belegt. Das Berufungsgericht ging (wie das zweite Urteil der ersten Instanz) unter diese Mindeststrafe, weil es verschiedene mildernde Umstände berücksichtigte.

Doch „Milde“ hin oder her: Ahmed H. ist jetzt wegen fünf im Affekt aus mindestens 30 Meter Entfernung abgegebenen Steinwürfen gegen einen Polizeikordon, die niemanden trafen oder verletzten, ein verurteilter Terrorist. Als internationale Beobachter sind wir über diese Tatsache schockiert. Dieses Urteil zeigt erneut, dass das Verfahren von Anfang an ein politischer Prozess war, an dem Ahmed H. als Sündenbock herhalten musste, um die flüchtlingsfeindliche und rassistische Politik der ungarischen Regierung zu rechtfertigen. Ahmed H. bleibt dadurch weiterhin auf das Schwerste stigmatisiert. Dass die RichterInnen dies in Kauf genommen haben, spricht gegen ihre Unabhängigkeit von der Orban-Regierung und auch gegen die Unabhängigkeit ihres Gewissens. Zudem öffnet das Urteil durch die extensive Anwendung des Terrorismus-Begriffs Tür und Tor für die weitere Kriminalisierung von Flüchtenden und ihren UnterstützerInnen sowie von möglichen regierungskritischen sozialen Bewegungen.

Ahmed H. ist bereits seit 3 langen Jahren in verschärfter Untersuchungshaft. Das Gericht hat jetzt im rechtsgültigen Urteil diese drei Jahre in den 5 verhängten Jahren verrechnet. Der Verurteilte hat zusätzlich 10 Jahre Landesverbot bekommen und muss den grössten Teil der Verfahrenskosten tragen. Ahmed H. kann nach der Verbüssung von Zweidritteln der Strafe frei kommen. Ausserdem ordneten die RichterInnen die Überführung von Ahmed H. in den normalen Strafvollzug an und hielten fest, bei weiterhin guter Führung könne er in vier Monaten bedingt entlassen werden.

Wir freuen uns, wenn Ahmed H. endlich zu seiner Frau und seinen Kindern zurückkehren kann! Damit wäre ein kafkaeskes Trauerspiel zu Ende, das auf eklatante Weise die Verflechtung brutaler politischer Macht mit einer willfährigen Justiz zu Tage gefördert hat.

Claude Braun (CH), Camillo Römer (D) und Michael Rössler (CH, D) vom Europäischen BürgerInnen Forum, Basel (CH), Guido Ehrler, Anwalt, Basel (CH), mandatiert von den Demokratischen JuristInnen Schweiz

[Röszke11] Neue Flyer und Plakate für Ahmed H.s Prozess im September zum Selbstausdrucken

Frischer Text, ähnliches Layout. Druckt und verbreitet die Flyer und Plakate, schafft Öffentlichkeit für Ahmed und zeigt eure Solidarität! Der Prozess startet am 20. September in Budapest. Migration is not a Crime!

Die Flyer und Plakte gibt hier zum Selbst-Ausdrucken:

Flyer Free Ahmed H. (Juni 2018)
Plakat Free Ahmed H. (Juni 2018)

 

[Harmanli21] “Im Schlaf verprügelt”

Wir dokumentieren einen Artikel von Matthias Fiedler von bordermonitoring.eu, zuerst erschienen in jungle world 2018/21 (am 24.05.2018). Zu finden auch unter: https://jungle.world/artikel/2018/21/im-schlaf-verpruegelt

In Bulgarien beginnt Anfang Juni ein Prozess gegen Asylsuchende, denen vorgeworfen wird, 2016 im Flüchtlingslager Harmanli ­randaliert zu haben. Damals gab es zunächst friedliche Proteste gegen die katastrophalen Unterbringungsbedingungen.

Die bulgarische Stadt Harmanli am Fluss Mariza, der in Griechenland Evros genannt wird, liegt an einer wichtigen Transitroute nach Istanbul und hat etwas mehr als 20 000 Einwohner. Sie ist nur einige Dutzend Kilometer vom Dreiländereck zwischen Bulgarien, Griechenland und der Türkei entfernt. Seit 2013 gibt es auf einem ehemaligen Militärgelände am Stadtrand ein Lager für Flüchtlinge, das derzeit etwa 2 710 Plätze hat. In den ersten Monaten nach Eröffnung des Lagers mussten Flüchtlinge notdürftig in Zelten unterkommen und sich am offenen Feuer wärmen. Schrittweise wurden die fensterlosen Gebäude renoviert und zusätzlich Container auf das Gelände gestellt.

Geschehnisse im Lager, die sich im Jahr 2016 ereigneten, beschäftigen zurzeit die bulgarische Justiz. Anfang September 2016 forderten Anwohnerinnen und Anwohner, das damals völlig überfüllte Lager zu schließen. Unterstützt wurden sie von der rechtsextremen Partei Bulgarische Nationale Bewegung (IMRO) und anderen rechtsextremen Organisationen. In der Stadt kursierten Gerüchte, die Flüchtlinge hätten Seuchen und bedrohten die Einwohner. Die Proteste wurden größer und der Druck auf die lokale Verwaltung stieg.

Schließlich verhängte sie im November 2016 eine permanente Ausgangssperre über das Lager, die vom Gesundheitsministerium in Sofia mit einer Quarantänemaßnahme gerechtfertigt wurde. Später stellte sich jedoch heraus, dass eine derartige Maßnahme gar nicht nötig gewesen wäre. Die Asyl­suchenden protestierten gegen die Abriegelung des Lagers, ihre vollständige Isolierung von der Außenwelt und die Zustände im Lager. Nach zwei Tagen Ausgangssperre griffen manche Protestierende zu Gewalt. Einige Asylsuchende hatten sich mit Steinen bewaffnet und warfen sie auf die Polizei, die das Lager großräumig abriegelte. Die Beamten antworteten mit Knüppeln und dem Einsatz von Wasserwerfern. Der Einsatz erstreckte sich bis in die darauffolgende Nacht. Freiwillige Helferinnen und Helfer erhielten Anrufe von Flüchtlingen, die sagten, sie hätten geschlafen und seien unvermittelt von der Polizei angegriffen worden, obwohl sie gar nicht am Aufstand beteiligt gewesen seien. Zahlreiche Fotos wurden noch in derselben Nacht in sozialen Netzwerken veröffentlicht, die Flüchtlinge mit blutenden Kopfwunden und Verletzungen am Körper zeigten. Rechtsextreme bedrohten diejenigen, die die Bilder veröffentlicht hatten.

Die Behörden gaben später an, dass 300 Asylsuchende während der Krawalle verhaftet worden seien. Am 28. November 2016 ließen sie verlauten, dass sich 50 afghanische Flüchtlinge bereit erklärt hätten, in das Land zurückzukehren. Um das Lager in Harmanli wurde ein über zwei Meter hoher Metallzaun mit Stacheldraht gebaut. Knapp 300 Polizisten, die am Einsatz beteiligt gewesen waren, erhielten Geldprämien, die Vorwürfe gegen die Polizei wurden nicht überprüft.

Im März 2018 äußerte sich eine Sprecherin des UNHCR Bulgarien zu den Lebensbedingungen in den offenen Unterkünften für Asylsuchende: Die hygienischen Zustände seien weiterhin mangelhaft und der Schutz von Asylsuchenden sei nicht ausreichend gewährleistet. Seit den Ausschreitungen von Harmanli nimmt die Staatliche Agentur für Flüchtlinge (SAR) in Bulgarien Menschen in Haft, deren Asyl­verfahren noch nicht entschieden sind.

Am 5. Juni soll der Prozess gegen 21 Personen beginnen, die angeklagt sind, an den Ausschreitungen im Jahr 2016 beteiligt gewesen zu sein. Sie werden des Rowdytums und der Zerstörung von Eigentum beschuldigt. Die Behörden beziffern den Sachschaden auf 85 000 Lewa (43 000 Euro). Eigentlich sollte der Prozess bereits im April stattfinden, doch nur zehn der Beschuldigten erschienen damals vor Gericht, woraufhin der Prozess nach 30 Minuten abgebrochen und vertagt wurde. Die zehn Angeklagten waren von der Migrationsbehörde aus der Haftanstalt für Migranten in Ljubimez abgeholt und zum Gerichtsgebäude gefahren worden; den anwesenden Medien erklärten einige von ihnen, dass sie unschuldig seien. Das Gericht erhofft sich nun bis 5. Juni Klarheit über den Verbleib der restlichen Ange­klagten.

Der Fall erinnert an das Gerichts­verfahren gegen 35 Migranten, die auf der griechischen Insel Lesbos festgenommen worden waren. Auch dort hatte es nach einem zunächst friedlichen Protest vor dem Europäischen Unterstützungsbüro für Asylfragen (EASO) am 17. und 18. Juli 2017 einen Aufstand im völlig überfüllten Lager Moria gegeben. Die rabiat durchgeführten Festnahmen fanden eine Stunde nach dem Abflauen der Unruhen statt. 32 Asylsuchende wurden im April zu zweijährigen Gefängnisstrafen verurteilt. Viele von ihnen beteuerten vor Gericht ihre Unschuld und gaben an, willkürlich von der Polizei festgenommen und verprügelt worden zu sein.

[PetrouRalli8] Verurteilung der 8 Angeklagten von Petrou Ralli

Die 8 Geflüchteten, bekannt als die Petrou Ralli 8, wurden alle am 23. Mai in Athen des Widerstands und der Körperverletzung gegenüber Polizeibeamt*innen schuldig gesprochen. Sieben wurden zu 3 Jahren und 1 Monat auf Bewährung verurteilt, eine Person zu 3 Jahren und 2 Monaten auf Bewährung, da sie eine “Waffe” besessen haben soll.

Nach Aussagen von Menschen vor Ort war das Gerichtsverfahren ein lächerlicher Schauprozess. So widersprachen sich Polizeibeamt*innen, die als Zeug*innen gealden waren und verbreiteten ihre Vorstellung von Geflüchteten als “gefährlich”. Die Anwält*innen und die Angeklagten werden in Berufung gehen. Bis das passiert, sind alle frei, dürfen das Land aber nicht verlassen.

Was ist passiert?

Im Mai 2017 gab es einen Protest inhaftierter Geflüchteter im Abschiebegefängnis Petrou Ralli in Athen für medizinische Versorgung eines Mithäftlings und gegen die Haftbedingungen; es folgte ein brutaler Polizeieinsatz gegen die Inhaftierten mit vielen Verletzten. 8 Menschen wurden aufgrund ihrer Herkunft (Algerien) verhaftet und angeklagt und auf Gefängnisse in ganz Griechenland verteilt.

Weitere Infos findet ihr hier auf der Seite der griechischen Unterstützer*innen des Hausprojektes Unbuntu Wahhada in Thessaloniki.

Solidarität mit den Angeklagten!

 

[Moria35] Drohende Abschiebung von sieben Personen der Moria35 in die Türkei

URGENT ACTION NEEDED:

Seven of the #Moria35 face deportation on Thursday. In a process fraught with procedural violations, they have had their applications for asylum rejected. After over a year of dehumanizing treatment, from Moria Camp, to the viscous attack by the police, followed by nine months of unjust imprisonment, they now face being sent to Turkish prison, and likely deportation to the countries they fled. Furthermore, all are eligible for humanitarian protection in Greece as victims or witnesses of a serious crime. Three have themselves filed complaints against the police for the attack against them, and there is an open ongoing investigation initiated by the public prosecutor against the police, for which all seven are important witnesses. Their deportation will not only violate their rights to due process, but will ensure the continued impunity of the police in their policies of violent repression in the Greek hotspots. To stop the deportation contact the Lesvos Police at +30 22510 37721, 58800, 58803 and the Regional Asylum Office at +30 2251032323 or pga.lesvou@asylo.gov.gr, #freethemoria35 #lesvos #refugeesgr

Την Πέμπτη οι 7 από τους #Moria35 είναι για απέλαση ενώ οι αιτήσεις τους για άσυλο έχουν απορριφθεί. Ένα χρόνο απάνθρωπης αντιμετώπισης στον καταυλισμό της Μόριας, τη βίαιη αστυνομική επίθεση και την απαράδεκτη 9-μηνη φυλάκισή τους, τώρα θα σταλούν σε τουρκική φυλακή και ενδεχόμενη απέλαση πίσω στις χώρες απ’όπου το έσκασαν. Όλοι τους έχουν το δικαίωμα ανθρωπιστικής προστασίας στην Ελλάδα ως θύματα ή μάρτυρες σοβαρών εγκλημάτων. Οι τρεις έχουν καταγγείλει την αστυνομία για τις επιθέσεις εναντίον τους και ο Εισαγγελέας κάνει έρευνες κατά της αστυνομίας στις οποίες και οι εφτά είναι μάρτυρες. Οι απελάσεις τους όχι μόνο παραβιάζουν το δικαίωμα δίκαιων διαδικασιών αλλά έτσι διασφαλίζεται και η συνέχιση της αστυνομικής αυθαιρεσίας και της πολιτικής βίαιης καταπίεσης στους ελληνικούς προσφυγικούς καταυλισμούς. Για να σταματήσουν οι απελάσεις επικοινωνούμε με την Αστυνομία Λέσβου 22510 37721, 58800, 58803 και την Περιφερειακή Υπηρεσία Ασύλου 2251032323 ή pga.lesvou@asylo.gov.gr #freethemoria35 #lesvos #refugeesgr

https://www.facebook.com/LesvosLegal/posts/1836440213061350

[Moria35] Rassismus im Gerichtssaal – Urteil gegen die Moria 35 auf Chios

Der folgende Artikel wurde von einer Genossin der Kampagne verfasst, die den Prozess auf Chios begleitet hat. Er ist auf Englisch unter http://www.legalcentrelesbos.org/2018/04/28/the-moria-35-trial-results-in-conviction-of-32/ zu finden.

Rassismus im Gerichtssaal – Urteil gegen die Moria 35 auf Chios

Der Hammer fällt im kleinen Gerichtssaal der griechischen Insel Chios. In den Gesichtern von 35 geflüchteten Menschen zeichnet sich Verwirrung und Verzweiflung ab. Sie sitzen in enge Reihen gedrängt, umstellt von bewaffneten Polizisten. 32 der 35 Angeklagten wurden in einem viertägigen Verfahren kollektiv wegen der Verletzung eines Polizeibeamten verurteilt. 26 Monate sollen sie nun ins Gefängnis, auch wenn diese Strafe vorübergehend aufgeschoben ist.Die Verhandlung wurde von einem unabhängigen Komitee internationaler Menschenrechtsbeobachter begleitet. Der Sprecher James Nichol ist überzeugt: „Diese Prozesse hätten niemals stattfinden dürfen. Von Anfang an gab es keinerlei belastbare Beweise gegen die Angeklagten und es unfassbar, dass sie auf dieser Grundlage auch noch verurteilt wurden.“

Die 35 Männer waren am 18. Juli auf der Nachbarinsel Lesbos im Flüchtlingslager Moria festgenommen worden. Die Protestierenden hatten gefordert, dass alle Menschen, die seit über sechs Monaten im überfüllten Lager Moria leben müssen, auf das Festland weiterziehen dürfen. Die vornehmlich afrikanische Gruppe hatte sich seit dem Winter 2016/17 organisiert, nachdem mehrere Menschen vor Kälte und wegen der mangelhaften medizinischen Versorgung im Lager zu Tode gekommen waren. Sie schrieben Briefe an das Europäische Parlament, verhandelten mit der Camp-Leitung und veranstalteten friedliche Demonstrationen. Am 17. Und 18. Juli 2017 mündete der Protest in Sitzstreiks vor dem Europäischen Asylbüro innerhalb des Lagers Moria. Die Polizei zerstreute die Menschenmenge und die Situation eskalierte: Videos zeigen, wie Polizisten gezielt Tränengas auf die DemonstrantInnen schießen und Steine werfen. Einige der Protestierenden setzten sich ihrerseits zu wehr: Gegenstände fliegen durch die Luft, Autos werden beschädigt und kleinere Feuer breiteten sich aus.

„Es war eine völlig willkürliche und gewaltsame Festnahme“

Aus den Zeugenaussagen und zahlreichen Berichten der Angeklagten geht klar hervor: Die gewaltsamen Festnahmen der Geflüchteten fanden erst eine Stunde statt, nachdem sich die Unruhen gelegt hatten. Fast alle der Angeklagten sagten aus, noch nicht einmal Teil der friedlichen Demonstrationen gewesen zu sein. „Die Polizei kehrte mit gepanzerten Spezialeinheiten zurück“, berichtet Lorraine Leete, eine als Augenzeugin geladenen Anwältin. „Es waren völlig willkürliche und gewalttätige Festnahmen in der afrikanischen Sektion des Lagers. Menschen wurden nur aufgrund ihrer Hautfarben aus ihren Wohn-Containern gezogen und noch geschlagen als sie auf dem Boden lagen. Manche verloren das Bewusstsein, es gab Knochenbrüche. Es war eine schreckliche Szene, die Polizei war völlig außer Kontrolle.“

Video: Police Violence – Raid of Moria camp, Lesvos https://www.youtube.com/watch?v=dmVmfBK1ADA&feature=youtu.be

Die Staatsanwaltschaft sieht dies anders. Die Polizei habe nur diejenigen festgenommen, die Steine geworfen hätten und würde hart arbeiten, um MigrantInnen zu schützen. Dennoch kündigt die Staatsanwältin an, Untersuchungen gegen 11 Polizeibeamte aufzunehmen. Doch sie verweist in ihrer Anklage darauf, dass Griechenland in einer Wirtschaftskrise und „überwältigt von Immigranten sei“. Griechenland täte das Beste was es könne um Flüchtlingen zu helfen, denn „Menschlichkeit liege den Griechen in den Genen“.

Ein Angeklagter nach dem anderen legte Zeugnis ab, wie er von der Polizei niedergeschlagen, bespuckt und rassistisch beleidigt wurde. Alle bis auf einen der Betroffenen waren Schwarze. „Wenn ich mich frage, wieso diese unfassbar gewalttätigen Festnahmen stattgefunden haben, bin ich überzeugt, dass ein Großteil der Polizisten aus rassistischen Beweggründen gehandelt hat“, erklärt Nichol vom internationalen Beobachtungs-Komitee.Dies erlebte auch Ester A. aus Nigeria. Als sie Schüsse und Schreie hörte, versteckte sie sich mit Freunden in ihrem Wohncontainer. Vor Gericht berichtet die junge Frau, wie ein Container nach dem anderen von der Polizei aufgebrochen und durchsucht wurde. Ein Mann, der sich im selben Raum befand, versteckte sich unter dem Bett. Doch die Polizei fand ihn und schlug ihn bis er das Bewusstsein verlor. Eine hochschwangere Frau, die ihm zu Hilfe eilen wollte, wurde ebenso geschlagen und beide mussten ins Krankenhaus eingeliefert werden.

Verurteilt trotz Alibi

Keiner der Angeklagten konnte im Prozess individuell identifiziert werden. Einige der Verurteilten präsentierten Alibis für die Zeit der Proteste, die nicht weiter geprüft wurden. Abdoul M. aus dem Senegal hatte während der Zusammenstöße nachweislich einen Termin bei einem Psychologen von „Ärtzte ohne Grenzen“ in der nächstgelegenen Stadt Mytilene. Er berichtet: „Als ich im Nachmittag aus der Stadt im Lager ankam, war alles ruhig, die Proteste waren vorbei. Doch als ich ins Camp in Richtung des Asylbüros ging, kam ein Polizist und wollte mich festnehmen. Plötzlich kamen drei weitere Polizisten und schlugen auf mich ein, bis ich das Bewusstsein verlor.“ Erst nach einigen Stunden fand ihn ein Ärzte-Team und brachte ihn ins Krankenhaus, wo er am späten Abend das Bewusstsein wiedererlangt.  Viele weitere Unstimmigkeiten zeigten sich im Gerichtssaal. Angeklagte und Zeugen wurden mehrfach in harschem Tonfall unterbrochen und Aussagen vorzeitig beendet. Zudem erhielten die Angeklagten während des gesamten Sitzungszeit und in Pausen keinerlei Nahrung und kaum Wasser. Einer der verurteilten Geflüchteten berichtete, dass lediglich abends im Gefängnis Essen zur Verfügung gestellt würde. Insbesondere die Übersetzung stellte ein großes Problem dar. Die Angeklagten bekamen nach circa einstündigen Diskussionen nur eine Übersetzung von ein bis zwei Sätzen zu hören. Der Übersetzer für die afrikanischen Sprachen Bambara und Wolof, selbst ein Geflüchteter aus Chios, sprach einen anderen Dialekt und konnte sich kaum mit den Angeklagten verständigen. Obwohl er sich krank meldete, wurde er bis zum letzten Tag der Verhandlung als Übersetzer eingesetzt, was zu schwerwiegenden Missverständnissen und Widersprüchen in der Aufnahme der Aussagen führte. Wenn die Übersetzung unmöglich wurde, halfen andere der Angeklagten aus und übersetzten in gebrochenes Französisch, das dann über drei Ecken ins Griechische übersetzt wurde. Die Englisch-Übersetzerin wurde nach der Hälfte der Prozesse von der Richterin kurzerhand während einer Vernehmung einer Zeugin durch einen Polizisten ersetzt, der zuvor den Gerichtssaal bewachte.

„Aus politischen Gründen wäre kein Freispruch möglich gewesen“

Das Urteil setzt ein Zeichen. AnwältInnen und BeobachterInnen sind sich einig, dass es eine stark politisierte Entscheidung war, die einmal mehr zeigen soll: Widerstand gegen die Zustände in den überfüllten Lagern wird nicht geduldet.Der EU-Türkei Deal, in dessen Folge Geflüchtete seit April 2016 auf den griechischen Inseln festgehalten werden,  bleibt daher ungebrochen. Dabei hatte der Griechische Staatsrat selbst nur drei Tage vor dem Prozessauftakt gegen die Geflüchteten entschieden, dass die Begrenzung der Bewegungsfreiheit auf die griechischen Inseln nicht rechtens sei. Das Gericht berief sich dabei ebenso wie die Geflüchteten auf die unmenschlichen Lebensbedingungen in den sogenannten Hotspot-Lagern. Doch nur zwei Tage später wurde diese Entscheidung de-facto durch eine Asylrechtsreform gekippt und kurz darauf die symbolträchtige Verurteilung von 32 Menschen, der Moria 35 herbeigeführt.

Die Verteidigung der Verurteilten Vassilis Kerasiotis und Gina Palaialogou legten unmittelbar nach Ende des Prozesses Berufung ein. Bis eine Entscheidung gefällt ist, sind alle Verurteilten auf freiem Fuß. Palaialogou kommentiert das Urteil: “Es war eine Kompromiss-Entscheidung. Aus politischen Gründen wäre ein Freispruch in erster Instanz kaum möglich gewesen. Dann hätten es einer Rechtfertigung und Kompensation dafür bedurft, dass die Angeklagten vor dem Prozess schon neun Monate im Gefängnis festgehalten wurden und die Polizei-Aussagen hätten falsifiziert werden müssen.

“Während die Moria 35 vorab frei sind, hält die Kriminalisierung von Geflüchteten auf den griechischen Inseln hält an. Während der laufenden Gerichtsverhandlung in Chios wurden auf Lesbos erneut Geflüchtete festgenommen und angeklagt. Als Protestaktion gegen die Zustände im Lager Moria hatten sie sich auf dem zentralen Sapphous Platz von Mytilene niedergelassen. In der Nacht vom 22.4. wurden die Menschen über Stunden von Faschisten mit Steinen und Feuerwerkskörpern beworfen. Doch die Polizei nahm bisher keinen der Straftäter fest. Stattdessen wendete sie sich– nachdem sich die Faschisten zurückgezogen hatten  – gegen die Geflüchteten und brachten diese zur Polizeistation. Gegen 120 Geflüchtete und zwei GriechInnen, die die Menschen unterstützt hatten, wurde Anklage erhoben.

[Moria35] Urteil im Verfahren gegen die Moria35

trial ended with 3 found not guilty and 32 guilty. This unjust ruling has been appealed, but prison sentence for the 32 has been suspended and they will be released. After 9 months of unjust detention, the 35 will finally be free!

Mehr Infos unter: https://twitter.com/lesboslegal

[Moria35] Start des Gerichtsprozesses gegen die Moria35+2

Am vergangenen Freitag, den 20. April 2018, hat auf Chios (Griechenland) der Prozess gegen die insgesamt 37 Angeklagten im Moria35+2 Verfahren begonnen. Es wurden die Anklageschriften verlesen und Polizist*innen als Zeug*innen gehört. Am kommenden Donnerstag, den 26. April 2018 wird der Prozess fortgesetzt, es werden Anträge der Verteidigung erwartet.

Für Hintergründe zum Fall der Moria35+2 können wir euch das folgende gerade veröffentlichte Video auf freethemoria35.wordpress.com empfehlen.

Wir haben leider gerade nicht so viel Kapazitäten, werden aber in den kommenden Tagen einen ausführlicheren Bericht zum Prozess veröffentlichen.

Ansonsten sind informative Kanäle zu aktuellen Infos zum Prozess das Legal Center Lesbos , der Blog der Kampagne FreeTheMoria35 und der Blog Musaferat Lesvos, auf dem es einen Bericht zum ersten Prozesstag gibt.

Und wir möchten daran erinnern, dass am kommenden Freitag, den 27. April 2018, in Athen (Griechenland) der Prozess gegen die Petrou Ralli 8 beginnen wird, ein Fall, der vergleichbar mit dem der Moria35+2 ist. Mehr Infos findet ihr hier.

Our passion for freedom is stronger than all prisons!