Monthly Archives: January 2017

Hurriya-Prozess vom 26.01. auf 22.Juni 2017 verschoben

Die Anhörung im Prozess gegen 60 Besetzer*innen der Hurriya-Besetzung fand am 26. Januar 2017 in Thessaloniki statt. Vier der Angeklagten waren am Donnerstag im Gerichtssaal anwesend. Der Prozess wurde auf den 22. Juni 2017 verschoben.

Der Prozess richtet sich gegen 60 Menschen, die während der Räumung der Hurriya-Besetzung verhaftet wurden. Das Hurriya war ein großes Gebäude, das während dem No Border Camp 2016 in Thessaloniki besetzt wurde. Es sollte ein sicherer Ort und ein Zuhause für ca. 80 Menschen werden, besonders für Familien auf der Flucht (mehr Infos auf diesem Blog).

Wir werden hier über weitere Neuigkeiten berichten.

[Röszke11] Unterstützt die Petition von Amnesty International: “Hungary: Release Ahmed H and stop abusing terrorism laws!”

Bitte diese Petition unterzeichnen und weiterverbreiten!
https://www.amnesty.org/en/get-involved/take-action/ahmed-H/

Diese Petition von Amnesty International fordert die Freilassung von Ahmed, einem der Röszke 11: Elf Geflüchtete, die 2016 in Ungarn verurteilt wurden für “illegalen Grenzübertritt” am Grenzübergang Röszke am 15. September 2015. Ahmed wurde im November 2016 als “Terrorist” zu 10 Jahren Haft verurteilt, ihm wird Anführerschaft vorgeworfen.

Weitere Infos:
Zu den Röszke 11:
http://www.akweb.de/ak_s/ak621/24.htm
http://freetheroszke11.weebly.com/

Zu Ahmeds Verurteilung:
http://www.taz.de/!5362767/
http://www.taz.de/!5357773/

Link zur Petition von Amnesty International:
https://www.amnesty.org/en/get-involved/take-action/ahmed-H/


Petitionstext:

Hungary: Release Ahmed H and stop abusing terrorism laws

Ahmed has been labelled a terrorist and jailed for 10 years after using a megaphone to call for calm during clashes at the Hungarian border.

In August 2015, Ahmed left his family home in Cyprus to go and help his elderly parents and six other family members flee Syria and find safety in Europe. One month later, they found themselves among hundreds of refugees stranded at the Hungarian border after police fenced off the crossing with Serbia.

Clashes broke out as some refugees attempted to get through. Hungary’s police responded with tear gas and water cannon, injuring dozens. Some people threw stones, including Ahmed. But news footage also clearly shows Ahmed using a megaphone to call on both sides to remain calm.

For this, a Hungarian court found him guilty of an “act of terror”, under Hungary’s extremely vague counter-terrorism laws, and sentenced him to 10 years in prison.

Does this sound like terrorism to you?

Ahmed remains in prison, separated from his wife and young daughters, waiting for an appeal hearing in the hope of being able to return to them in Cyprus.

Tell the Hungarian authorities to:

  •  Release Ahmed H and stop abusing terrorism laws.
  • Stop making statements linking migration and terrorism, which could prejudice the prosecution of Ahmed.
  • Coordinate efforts to ensure Ahmed’s swift return to Cyprus as soon
    as his appeal hearing is finished.

[13.01.17] Pressemitteilung: 22 Freisprüche im Revisions-Prozess zur Kirchenaktion in Thessaloniki

Pressemitteilung                                                                                           Freitag, 13. Januar 2017

Urteil im Revisions-Prozess gegen griechische und internationale Hausbesetzer*innen und Aktivist*innen in Thessaloniki am Freitag, den 13. Januar 2017 +++ Freispruch für alle Angeklagten +++ Lautstarker Protest von über 100 Unterstützter*innen im Gerichtssaal

 Aus Protest gegen die Räumung der migrantischen Hausbesetzung „Orfanotrofeio“ durch die griechische Kirche und Polizei in Thessaloniki im Juli 2016 verteilten geflüchtete und solidarische Aktivist*innen am 31. Juli 2016 Flugblätter während einer Messe in der Kirche Agia Sofia (Thessaloniki). Dabei wurden 26 Aktivist*innen festgenommen. und inhaftiert, Bereits am folgenden Tag fand ein Gerichtsverfahren statt, in dem die 22 angeklagten Aktivist*innen vom Vorwurf der „Beleidigung der Kirche“, für den Haftstrafen bis zu 2 Jahren zu erwarten gewesen wären,  freigesprochen wurden.

Gegen dieses Urteil ist nun am heutigen Freitag, den 13.01.2017, die griechische Staatsanwaltschaft erneut vor Gericht gezogen. Von dem Vorwurf der „Beleidigung der Kirche“ wurden alle Angeklagten nach mehrstündiger Verhandlung freigesprochen. Es waren bis zu 100 Unterstützer*innen vor Ort.

 Im Juli 2016 wurden drei zentrale Hausbesetzungen der internationalen Geflüchteten-Selbstorganisation und Solidaritätsbewegung in Thessaloniki (Griechenland) vom griechischen Staat und, in einem Fall, im Auftrag der griechischen Kirche geräumt. Aus Protest gegen die Räumung der Besetzung „Orfanotrofeio“ durch die griechische Kirche verteilten geflüchtete und solidarische Aktivist*innen am 31. Juli 2016 Flugblätter während einer Messe in der Kirche Agia Sofia (Thessaloniki). Dabei wurden 26 Aktivist*innen festgenommen.

 Am 31. Juli 2016 wurden zunächst diejenigen Aktivist*innen vorübergehend inhaftiert, die die Abgabe ihrer Fingerabdrücke zur erkennungsdienstlichen Behandlung verweigert hatten. Unter ihnen befanden sich sowohl solidarische Aktivist*innen als auch Geflüchtete. Bei der Gerichtsverhandlung am 1. August 2016 hatten die Richter*innen den Vorwurf der „Beleidigung der Kirche“ durch Störung religiöser Handlungen gegen die 22 Angeklagten fallen gelassen. Der Vorwurf „Beleidigung der Kirche“ stellt in Griechenland einen gravierenden Rechtsverstoß dar, der mit bis zu mehreren Jahren Haft geahndet wird. Dagegen ging der griechische Staatsanwalt überraschend in Revision.

Im heutigen Prozess wurden alle 22 Angeklagten, von denen 19 anwesend waren, vom Vorwurf der „Beleidigung der Kirche“ freigesprochen. Die Richter sahen es als nicht erwiesen an, wer genau die Kirche betreten hatte. Dazu zweifelten sie – sehr zum Missfallen der anwesenden Kirchenvertreter – an, inwiefern diese, in ihren Augen in einer Kirche zwar unangemessene, aber politische, Protestaktion eine Verletzung religiöser Gefühle und Beleidigung der Kirche dargestellt hatte. Es waren bis zu 100 Unterstützer*innen vor Ort, die den Prozess lautstark und kritisch begleiteten.

Die Agia Sofia Kirche war Ziel der Öffentlichkeits-Aktion der Aktivist*innen geworden, da sich eines der Ende Juli geräumten Häuser, das von bis zu 100 Geflüchteten und Unterstützer*innen bewohnte „Orfanotrofeio“, im Besitz der Kirche befand. Diese ließ die Räumung anordnen und das Gebäude unmittelbar danach vollständig zerstören. In ihren Flugblättern kritisierten die Aktivist*innen die Zusammenarbeit der Kirche mit dem griechischen Staat, der durch die Räumungen versuchte, die Kontrolle über die Migrationsbewegung wiederzuerlangen. In Griechenland, sowie in zahlreichen anderen Ländern entlang der Fluchtrouten, stellen besetzte Häuser immer wichtigere Alternativen zu repressiver, staatlicher Migrationspolitik dar.

Die Repressionen gegen die Aktivist*innen der Agia-Sofia-Kirchenaktion reihen sich ein in weitere Urteile und laufende Prozesse zu den Räumungen der  migrantischen Hausbesetzungen in Thessaloniki vom Juli 2016. Insgesamt stehen fast 100 Menschen vor Gericht. Die nächsten großen Prozesstermine nach der heutigen Revisionsverhandlung wird am 26.01. die Besetzer*innen des im Juli besetzten Gebäudes „Hurriya“, und im Mai die Besetzer*innen des „Orfanotrofeio“ betreffen.

Mehr Informationen zu den Häuserräumungen und zur Situation in Griechenland finden sich unter: https://cantevictsolidarity.noblogs.org/ , die Pressmitteilung gibts auch noch hier als PDF.

Pressekontakt: Tina Weiß / Johannes Korndörfer
Telefon: 0049 152 160 80 994
Email: cantevictsolidarity@riseup.net

[Griechenland/Serbien] Kälte, Schnee, Unmenschlichkeit – und ihr lasst Häuser räumen…?

Es ist Winter und die Situation in vielen Camps in Serbien und Griechenland spitzt sich zu. Schnee und Kälte nehmen zu und tausende Menschen müssen unter unmenschlichen Bedingungen in Zelten wohnen. Gleichzeitig gehen die Regierungen gegen Unterstützer*innen vor und lassen selbstorganisierte Häuser räumen, in denen Menschen sicher, warm und menschenwürdig unterkommen könnten (wie im Juli 2016 in Thessaloniki). Anlässlich des heutigen Prozesses gegen Besetzer*innen, der im letzten Sommer geräumten Orfanotrofeio-Hausbesetzung in Thessaloniki, dokumentieren wir einen Bericht von “Ärzte ohne Grenzen” zur aktuellen Situation in Serbien und Griechenland. (zu finden auf: https://www.aerzte-ohne-grenzen.de/balkanroute-griechenland-fluechtlinge-eisige-temperaturen)

Griechenland/Serbien

Von Europa ausgeschlossen: In Griechenland und dem Balkan sitzen Tausende bei eisigen Temperaturen fest

 

Folge der europäischen Flüchtlingspolitik ist, dass tausende Migranten und Flüchtlinge in schlecht ausgestatteten Lagern festsitzen. Die zynisch zu nennende Vernachlässigung durch die EU und die damit einhergehende unerträgliche Situation für in Europa Schutz Suchende hat sich nun weiter verschlechtert: Vorbereitungsmaßnahmen angesichts des Winters fehlen, und die Menschen in Griechenland und den Balkanländern sitzen bei eisigen Temperaturen unter dem Gefrierpunkt fest.

Die Lage der Menschen, die auf den griechischen Inseln in Zelten leben, ist dabei besonders besorgniserregend. Das Gleiche gilt für die Geflüchteten, die in Belgrad in verlassenen Gebäuden leben oder weiterhin versuchen, die Grenzen auf dem Balkan zu überwinden. Ärzte ohne Grenzen hat die Behörden in Griechenland und in den Balkanländern wiederholt dazu aufgerufen, die Lebensbedingungen für den Winter zu verbessern.

Humanitäre Hilfe wurde von serbischen Behörden stark eingeschränkt

Mehr als 7.500 Menschen sind momentan in Serbien gestrandet. Sie leben in überfüllten Lagern und inoffiziellen Siedlungen.  Serbien hat zugestimmt, bis zu 6.000 Menschen aufzunehmen. Doch nur 3.140 von ihnen leben in Einrichtungen, die winterfest sind. In Belgrad schlafen momentan 2.000 junge Menschen, hauptsächlich aus Afghanistan, Pakistan, dem Irak und Syrien, in verlassenen Gebäuden der Innenstadt, während die Temperaturen bis zu  Minus 20 Grad sinken. In den vergangenen Monaten haben die serbischen Behörden die Bereitstellung  von humanitärer Hilfe für diese Menschen stark eingeschränkt.  Nur Freiwillige, die Essen und Decken verteilen, werden noch toleriert.

„Monatelang wurde humanitäre Hilfe blockiert, um die Menschen in offizielle Lager zu zwingen. Aber diese Lager sind voll und an den Grenzen ihrer Möglichkeiten. Die Geflüchteten habe keine andere Wahl, als bei eisigen Temperaturen in verlassenen Ruinen zu schlafen“, sagt unser Landeskoordinator für Serbien, Stephane Moissaing.

Tausende sitzen in Griechenland bei Schnee und Eisregen auf Inseln fest

Die Lage auf den griechischen Inseln ist nicht besser: Tausende Menschen sitzen auch hier in überfüllten Lagern fest und müssen in leichten Zelten Temperaturen unter null Grad ertragen.

„Diese Familien, die bei Schnee und Eisregen zurückgelassen wurden, zahlen den Preis für den europäischen Zynismus und den verwerflichen Deal mit der Türkei“, sagt unser Landeskoordinator für Griechenland,  Clement Perrin. „Es ist abscheulich, dass die Menschen trotz der Versprechen und Ankündigungen der EU, bei eisigen Temperaturen immer noch in Zelten leben. Wir fordern die griechischen Behörden und die europäische Union dazu auf, sofort Notfallmaßnahmen anzustoßen, um sicherzustellen, dass alle Migranten und Flüchtlinge auf den Inseln in angemessenen Unterkünften leben können.“

Die Überfüllung und die fehlenden Wintervorbereitungen stellen große Gesundheits- und Sicherheitsrisiken dar. Die Mehrzahl der Menschen, die unsere Psychologen auf Samos und Lesbos behandelt haben, nennen die schwierigen Lebensbedingungen als Grund für ihre psychischen Probleme,  oder zumindest als Faktor für deren Verschlechterung.

„Die griechischen Behörden sollten aufhören, sich selbst zu humanitären Errungenschaften zu gratulieren, während Tausende im rauen Winter auf den Bescheid ihres Asylantrags warten. Kein Mensch, der Schutz sucht, weil er vor Krieg, Folter oder extremer Gewalt geflohen ist, sollte in der Kälte stehen gelassen werden“, fasst Perrin es zusammen.”

[Orfanotrofeio] Störung der Scheinheiligkeit – Gedanken zur Protestaktion gegen die griechische Kirche wegen der Räumung des Orfanotrofeio

Am kommenden Freitag , den 13. Januar 2017, findet in Thessaloniki der Revisionsprozesses gegen 24 Aktivist*innen statt, die am 1. August 2016 während einer Messe in der Agia Sofia Kirche in Thessaloniki gegen die Räumung und vollständigen Zerstörung der Besetzung “Orfanotrofeio” durch die griechische Kirche protestierten. Die Aktivist*innen sind gegen die bisherigen Urteile von 6 Monaten Haft auf 2 Jahre Bewährung wegen Verweigerung der ED-Behandlung in Revision gegangen, der Staatsanwalt auch, er fordert eine Verurteilung wegen “Störung der Kirchenruhe”, woruaf in Griechenland bis zu mehreren Jahren Haft stehen können.

Anlässlich des Prozesstermins am Freitag veröffentlichen wir hier einige Gedanken und Eindrücke einer Aktivistin zur Protestaktion gegen die griechische Kirche wegen der Räumung des Orfanotrofeio am 1. August 2016:


Kirche Agia Sofia in Thessaloniki                          Zerstörte Besetzung “Orfanotrofeio” in Thessaloniki

“Störung der Scheinheiligkeit

Sonntag, 31.7.2016, Thessaloniki
Um 9 Uhr in der Frueh betrat eine Gruppe von  Aktivisten, Anarchisten, Individualisten…als Reaktion auf die aktuelle Fluechtlingpolitik und die Raeumung der besetzten Haeuser (speziell Orfanotrofeio und dessen sofortiger Zerstoerung) die Kirche, um dort ihre Solidaritaet mit Gefluechteten zu zeigen, Einzelheiten ueber die OrfaRaeumung zu verkuenden,  Aufmerksamkeit zu erregen und Flyer zu verteilen  (“joint struggle by locals and migrants”, “solidarity with struggling migrants”, “Everything belongs to us because it’s stolen occupy villas and abandoned buildings”)

In der Kirche wurden sie, ohne dass sie weit vordringen konnten zurueckgehalten, eine Frau wurde vom Kantor mit einer Ohrfeige und einem Wuergeversuch begruesst, was natuerlich Widerstand zur Folge hatte und etwas Rangelei ausloeste. (So viel zum Vorwurf Anarchisten hätten einen Heiligen angegriffen…)

Nachdem die Rebellen die heiligen Hallen wieder verlassen hatten, folgte ihnen der in weiss und golde Tuecher gewickelte Priester und meinte, dass er uns alle liebt, uns vergibt und fuer uns beten wird. Anschliessend liess er uns abfuehren und fuerhte seine Messe fort.

Die ganze Angelegenheit dauerte keine 5 Minuten und schon war RiotPolice im Einsatz und nahm die 26 “Stoerenfriede” mit aufs zentrale Polizeirevier in Thessaloniki, wo sie in einem Kellerraum einer Tiefgarage, ohne Fenster und Klimaanlage oder Abzug, ohne jegliche Informationen   festgehalten wurden, bis entschieden wurde, dass es zu einer Festnahme kommt und sie dann gegen Abend auf die Zellen gebracht wurden.

Am naechsten Tag gegen 12 Uhr Mittags fand die Gerichtsverhandlung statt.

19 Frauen, 7 Maenner. 17 Griechen, der Rest aus Deutschland, Oesterreich, der Schweiz, England und Marokko. (Unter ihnen auch ein unschuldiger Passant, der gerade von seiner Nachtschicht kam, Laerm hoerte und schauen wollte, was vor sich ging, aber wohl aufgrund seines Aussehens auch sofort mitgenommen wurde und die ganze Prozedur ueber sich ergehen lassen musste.  Am Ende wurde er freigesprochen.)

Die Anklage lautete: Beschimpfung der Kirche, Stoerung der Religionsfreiheit bzw des religioesen Versammlungsrechts

Unsere Aussage war, dass es eine politische Aktion war, ein politisches Statement, ein Zeichen von Solidaritaet mit Gefluechteten. Und ein Statement lautete: “Wenn die Kirche die Angeklagten nun wegen Solidaritaet mit Gefluechteten verurteilen lässt, dann wissen wir auch nicht mehr…”

Das Urteil am Ende des Tages: Freispruch, aber 6 Monate Haft bei 3-jaehriger Bewaehrung fuer alle, die die Abgabe ihrer Fingerabdruecke verweigert haben, und somit fuer Ungehorsam verurteilt wurden. (2.Verfahren)

Alle Rebell*innen wieder auf freiem Fuss!!

Es gab eine grosse Medienaufmerksamkeit und eine Welle an Berichten wie in der New York Times, The Guardian…
Zitat: “Such things have never happened in Greece,” Anthimos, the powerful Metropolit of Thessaloniki commented after being briefed about the anarchists raid…

Da sieht man nochmal, was fuer eine hohe Position die Kirche in Griechenland hat…”

Wir werden den Prozess kritisch begleiten und hier auf dem Blog berichten.