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[21.02.2024] Statement: Nach dem Brand in Moria 2020 geht der Justizskandal weiter – Forderung nach fairem und transparentem Gerichtsverfahren am 4. März 2024 in Lesbos.

(Greek and German translation below)

Statement 21.02.2024

Nach dem Brand in Moria 2020 geht der Justizskandal weiter – Forderung nach fairem und transparentem Gerichtsverfahren am 4. März 2024 in Lesbos.
Vier Jugendliche sind trotz eindeutiger Beweise für ihre Unschuld seit 3,5 Jahren in Haft. Sie werden zu Sündenböcken einer gescheiterten europäischen Migrationspolitik gemacht.

Am 4. März 2024 findet  die ursprünglich für den 6. März 2023 angesetzte Berufungsverhandlung  vor dem Berufungsgericht in Mytilini (Lesbos) gegen vier der sechs Jugendlichen statt, die für die Brände, die am 8./9.Sepember 2020 das berüchtigte Camp Moria zerstörten, verurteilt wurden. Nun endlich nach einem Jahr Verschiebung können die entscheidenden neuen Beweise vorgelegt werden, die zeigen, dass die Aussage des Kronzeugen der Anklage völlig falsch ist.

Im Zusammenhang mit dem Berufungsprozess wurden Forensic Architecture (FA)/Forensis von den Anwält_innen beauftragt, den Brand von Moria zu rekonstruieren und mit den Aussagen des Kronzeugen abzugleichen. Zum Ergebnis der Modellierung erklärte Dimitra Andritsou, Koordinatorin des FA/Forensis-Teams : “Die von uns durchgeführte Analyse […] beweist, dass die jungen Asylbewerber, die der Brandstiftung beschuldigt wurden, auf der Grundlage schwacher und widersprüchlicher Beweise verhaftet wurden, was darauf hindeutet, dass […] die griechische Regierung einen Sündenbock für eine Katastrophe brauchte, die vorprogrammiert war”.

Nur wenige Tage nach den Bränden im September 2020 hatte die Polizei sechs Jugendliche verhaftet (“Moria 6”) und der Brandstiftung beschuldigt. Ab dem Moment ihrer Verhaftung, wurden sie in der Öffentlichkeit bereits als Schuldige präsentiert.

Die “Moria 6” wurden in zwei getrennten Prozessen verurteilt, die als „Parodie der Justiz“ bezeichnet werden müssen. Obwohl gültige Dokumente vorlagen, wurden nur zwei der sechs Verhafteten als Minderjährige anerkannt. Die Verschiebung des Berufungsverfahrens um ein Jahr bedeutet neben den zusätzlichen Qualen für die Angeklagten auch, dass mittlerweile neu vorliegende Beweise dafür dass drei der vier Jugendlichen bei ihrer Verhaftung minderjährig waren, erst jetzt geprüft werden können.

Die Angeklagten, die als Erwachsene bezeichnet wurden, wurden im Juni 2021 in erster Instanz wegen Brandstiftung mit Gefährdung von Menschenleben zu 10 Jahren Haft verurteilt. Das Gericht weigerte sich, mildernde Umstände zu berücksichtigen. “Sie haben uns überhaupt nicht zugehört”, sagte eine Anwältin der Verteidigung, als sie den Gerichtssaal verließ, “dieses Urteil stand bereits fest, als die Angeklagten Mitte September 2020 verhaftet wurden”. Unmittelbar nach der Urteilsverkündung legte die Verteidigung Berufung ein.

Nach dem Urteil am 11. Juni 2021 kritisierten internationale Prozessbeobachter*innen den Mangel an Beweisen. Sie kamen in ihrem umfassenden Bericht zu dem Schluss, dass das Recht der Angeklagten auf ein faires Verfahren mehrfach verletzt wurde. Auch die lautstarke Forderung nach einem transparenten Prozess, gestellt von über 70 europäischen Organisationen und hunderten von Einzelpersonen, wurde nicht erfüllt.

Wesentlichen Prozessdokumente wurden für die Angeklagten nicht übersetzt, so dass sie die gegen sie erhobenen Vorwürfe nicht verstehen konnten. Allein deswegen gilt der Prozess eigentlich formal als  formal ungültig. Das hinderte die Richter:innen nicht daran, die vier Angelklagten trotz fehlender Beweise für die Beteiligung an den Bränden nach einem zweitägigen Prozess schuldig zu sprechen .

Das Gericht stützte die Verurteilung einzig auf die schriftliche Aussage eines angeblich nicht mehr auffindbaren Zeugen stützt. Seine Aussage ist jedoch voller Widersprüche ist, von Forensic Architecture und Forensis nun veranschaulich konnte. Als Schuldige nannte der Zeuge zudem nur häufige Vornamen von Personen aus dem Lager. Auf dieser Grundlage nahm die Polizei dann sechs Jugendliche fest. Der Zeuge war bei keiner der bisherigen Gerichtsverhandlung anwesend. Es lässt sich mutmaßen, dass dem Gericht die fingierte Aussage des einzigen Zeugen durchaus bewusst ist, aber die Verurteilung der Jugendlichen in diesem politischen Schauprozess nicht gefährdet werden sollte.

Die Befürchtung einer Vorverurteilung bestätigte sich bereits, als die beiden offiziell als minderjährig anerkannten Jugendlichen der Moria 6 im März 2021 vom Jugendgericht Lesbos zu fünf Jahren Haft verurteilt wurden und das Urteil im Juni 2022 vom Jugendberufungsgericht bestätigt wurde. Lediglich das Strafmaß konnte wegen “guter Führung im Gefängnis” von fünf auf vier Jahre reduziert werden. Die Anwält_innen vom Legal Centre Lesvos stellten daraufhin einen Antrag auf Annullierung des unfairen Urteils. Dieser wurde vor dem obersten Gerichtshof abgelehnt. Der Antrag wird nun an den Europäischen Gerichtshof weitergeleitet. Mittlerweile wurde eine der Jugendlichen wegen guter Führung auf Bewährung freigelassen, der zweite wurde vom Gefängnis direkt in Abschiebehaft genommen.

Die Verurteilung der insgesamt sechs Jugendlichen ist ein weiteres schockierendes Beispiel für die Kriminalisierung von Menschen auf der Flucht. Damit soll auch von dem Verbrechen der EU und Griechenland abgelenkt werden, menschenunwürdige Camps wie das Camp Moria zu bauen, illegale Push-Backs durchzuführen, Schutzsuchende durch Rechtsreformen  wie das „Gemeinsame Europäische Asylsystem“ (GEAS) systematisch zu entrechten und weitere Lager nach dem Vorbild von Moria an den EU-Außengrenzen zu errichten.

Wir fordern die EU und den griechischen Staat auf, Verantwortung für die menschenunwürdigen Lager und das daraus resultierende menschliche Leid zu übernehmen!

Wir stehen in Solidarität mit den Moria 6 und gegen das tödliche europäische Grenzregime!

++Teilt die Infos, organisiert Solidaritätsaktionen unter dem Hashtag #FreeTheMoria6 

Politischer und öffentlicher Druck könnte die Chancen auf ihre Freilassung erhöhen!

++Informationen zum rechtlichen Kontext sind beim Legal Centre Lesvos zu finden

Weitere Informationen und Kontakte:
E-Mail: freethemoria6@riseup.net, Twitter: #FreeTheMoria6
Blog: https://freethemoria6.noblogs.org/

Pressekontakt:
Alice Kleinschmidt, Welcome Office Lesvos: +30 698 872 4982
Nefeli Belavila – Trova, CPT – Aegean Migrant Solidarity: lesvos@cpt.org

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Statement 21.02.2024

Nach dem Brand in Moria 2020 geht der Justizskandal weiter – Forderung nach fairem und transparentem Gerichtsverfahren am 4. März 2024 in Lesbos.
Vier Jugendliche sind trotz eindeutiger Beweise für ihre Unschuld seit 3,5 Jahren in Haft. Sie werden zu Sündenböcken einer gescheiterten europäischen Migrationspolitik gemacht.

Am 4. März 2024 findet  die ursprünglich für den 6. März 2023 angesetzte Berufungsverhandlung  vor dem Berufungsgericht in Mytilini (Lesbos) gegen vier der sechs Jugendlichen statt, die für die Brände, die am 8./9.Sepember 2020 das berüchtigte Camp Moria zerstörten, verurteilt wurden. Nun endlich nach einem Jahr Verschiebung können die entscheidenden neuen Beweise vorgelegt werden, die zeigen, dass die Aussage des Kronzeugen der Anklage völlig falsch ist.

Im Zusammenhang mit dem Berufungsprozess wurden Forensic Architecture (FA)/Forensis von den Anwält_innen beauftragt, den Brand von Moria zu rekonstruieren und mit den Aussagen des Kronzeugen abzugleichen. Zum Ergebnis der Modellierung erklärte Dimitra Andritsou, Koordinatorin des FA/Forensis-Teams : “Die von uns durchgeführte Analyse […] beweist, dass die jungen Asylbewerber, die der Brandstiftung beschuldigt wurden, auf der Grundlage schwacher und widersprüchlicher Beweise verhaftet wurden, was darauf hindeutet, dass […] die griechische Regierung einen Sündenbock für eine Katastrophe brauchte, die vorprogrammiert war”.

Nur wenige Tage nach den Bränden im September 2020 hatte die Polizei sechs Jugendliche verhaftet (“Moria 6”) und der Brandstiftung beschuldigt. Ab dem Moment ihrer Verhaftung, wurden sie in der Öffentlichkeit bereits als Schuldige präsentiert.

Die “Moria 6” wurden in zwei getrennten Prozessen verurteilt, die als „Parodie der Justiz“ bezeichnet werden müssen. Obwohl gültige Dokumente vorlagen, wurden nur zwei der sechs Verhafteten als Minderjährige anerkannt. Die Verschiebung des Berufungsverfahrens um ein Jahr bedeutet neben den zusätzlichen Qualen für die Angeklagten auch, dass mittlerweile neu vorliegende Beweise dafür dass drei der vier Jugendlichen bei ihrer Verhaftung minderjährig waren, erst jetzt geprüft werden können.

Die Angeklagten, die als Erwachsene bezeichnet wurden, wurden im Juni 2021 in erster Instanz wegen Brandstiftung mit Gefährdung von Menschenleben zu 10 Jahren Haft verurteilt. Das Gericht weigerte sich, mildernde Umstände zu berücksichtigen. “Sie haben uns überhaupt nicht zugehört”, sagte eine Anwältin der Verteidigung, als sie den Gerichtssaal verließ, “dieses Urteil stand bereits fest, als die Angeklagten Mitte September 2020 verhaftet wurden”. Unmittelbar nach der Urteilsverkündung legte die Verteidigung Berufung ein.

Nach dem Urteil am 11. Juni 2021 kritisierten internationale Prozessbeobachter*innen den Mangel an Beweisen. Sie kamen in ihrem umfassenden Bericht zu dem Schluss, dass das Recht der Angeklagten auf ein faires Verfahren mehrfach verletzt wurde. Auch die lautstarke Forderung nach einem transparenten Prozess, gestellt von über 70 europäischen Organisationen und hunderten von Einzelpersonen, wurde nicht erfüllt.

Wesentlichen Prozessdokumente wurden für die Angeklagten nicht übersetzt, so dass sie die gegen sie erhobenen Vorwürfe nicht verstehen konnten. Allein deswegen gilt der Prozess eigentlich formal als  formal ungültig. Das hinderte die Richter:innen nicht daran, die vier Angelklagten trotz fehlender Beweise für die Beteiligung an den Bränden nach einem zweitägigen Prozess schuldig zu sprechen .

Das Gericht stützte die Verurteilung einzig auf die schriftliche Aussage eines angeblich nicht mehr auffindbaren Zeugen stützt. Seine Aussage ist jedoch voller Widersprüche ist, von Forensic Architecture und Forensis nun veranschaulich konnte. Als Schuldige nannte der Zeuge zudem nur häufige Vornamen von Personen aus dem Lager. Auf dieser Grundlage nahm die Polizei dann sechs Jugendliche fest. Der Zeuge war bei keiner der bisherigen Gerichtsverhandlung anwesend. Es lässt sich mutmaßen, dass dem Gericht die fingierte Aussage des einzigen Zeugen durchaus bewusst ist, aber die Verurteilung der Jugendlichen in diesem politischen Schauprozess nicht gefährdet werden sollte.

Die Befürchtung einer Vorverurteilung bestätigte sich bereits, als die beiden offiziell als minderjährig anerkannten Jugendlichen der Moria 6 im März 2021 vom Jugendgericht Lesbos zu fünf Jahren Haft verurteilt wurden und das Urteil im Juni 2022 vom Jugendberufungsgericht bestätigt wurde. Lediglich das Strafmaß konnte wegen “guter Führung im Gefängnis” von fünf auf vier Jahre reduziert werden. Die Anwält_innen vom Legal Centre Lesvos stellten daraufhin einen Antrag auf Annullierung des unfairen Urteils. Dieser wurde vor dem obersten Gerichtshof abgelehnt. Der Antrag wird nun an den Europäischen Gerichtshof weitergeleitet. Mittlerweile wurde eine der Jugendlichen wegen guter Führung auf Bewährung freigelassen, der zweite wurde vom Gefängnis direkt in Abschiebehaft genommen.

Die Verurteilung der insgesamt sechs Jugendlichen ist ein weiteres schockierendes Beispiel für die Kriminalisierung von Menschen auf der Flucht. Damit soll auch von dem Verbrechen der EU und Griechenland abgelenkt werden, menschenunwürdige Camps wie das Camp Moria zu bauen, illegale Push-Backs durchzuführen, Schutzsuchende durch Rechtsreformen  wie das „Gemeinsame Europäische Asylsystem“ (GEAS) systematisch zu entrechten und weitere Lager nach dem Vorbild von Moria an den EU-Außengrenzen zu errichten.

Wir fordern die EU und den griechischen Staat auf, Verantwortung für die menschenunwürdigen Lager und das daraus resultierende menschliche Leid zu übernehmen!

Wir stehen in Solidarität mit den Moria 6 und gegen das tödliche europäische Grenzregime!

++Teilt die Infos, organisiert Solidaritätsaktionen unter dem Hashtag #FreeTheMoria6 

Politischer und öffentlicher Druck könnte die Chancen auf ihre Freilassung erhöhen!

++Informationen zum rechtlichen Kontext sind beim Legal Centre Lesvos zu finden

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Δελτίο Τύπου 21/2/2024, της καμπάνιας αλληλεγγύης #FreetheMoria6

Μετά τη φωτιά στη Μόρια το 2020, το δικαστικό σκάνδαλο συνεχίζεται – Απαιτούμε μια δίκαιη και διαφανή δίκη, στις 4 Μαρτίου 2024, στη Λέσβο.

Τέσσερις έφηβοι από το Αφγανιστάν κρατούνται επί 3,5 χρόνια, παρά τις σαφείς αποδείξεις για την αθωότητά τους. Γίνονται αποδιοπομπαίοι τράγοι μιας αποτυχημένης μεταναστευτικής πολιτικής της ΕΕ.

Στις 4 Μαρτίου 2024 θα διεξαχθεί στο Εφετείο Μυτιλήνης, στη Λέσβο, η δευτεροβάθμια δίκη των τεσσάρων (από τους Moria 6) ανηλίκων, που καταδικάστηκαν για τις φωτιές που κατέστρεψαν το διαβόητο camp της Μόριας στις 8 Σεπτεμβρίου 2020. Η εξέταση της έφεσης παρότι, αρχικά, είχε προγραμματιστεί για την Δευτέρα 6 Μαρτίου 2023, αναβλήθηκε για ένα χρόνο. Στις 4 Μαρτίου 2024, θα  μπορέσουν επιτέλους να παρουσιαστούν τα κρίσιμα εκείνα στοιχεία, που αποδεικνύουν  ότι η κατάθεση του βασικού μάρτυρα κατηγορίας είναι εντελώς αναληθής.

Τα νέα αυτά στοιχεία προέρχονται από την έρευνα που διεξήγαγαν οι Forensic Architecture (FA) και Forensis  (μετά από αίτημα των δικηγόρων που εκπροσωπούν τους Moria 6), η οποία χαρτογραφεί την εξέλιξη της φωτιάς στις 8 Σεπτεμβρίου 2020. Η εκδίκαση της έφεσης θα δώσει, επίσης, την δυνατότητα να εξεταστεί εκ νέου η κατάθεση του βασικού μάρτυρα κατηγορίας.

Η Δήμητρα Ανδρίτσου, συντονίστρια έρευνας της ομάδας FA/Forensis, δήλωσε: «Η ανάλυση που πραγματοποιήσαμε […] αποδεικνύει ότι οι νεαροί αιτούντες άσυλο που  κατηγορήθηκαν για εμπρησμό, συνελήφθησαν με συνοπτικές διαδικασίες στη βάση αδύναμων και αντιφατικών στοιχείων, υποδεικνύοντας με αυτό τον τρόπο ότι η απάνθρωπη διαχείριση του καμπ από την Ευρωπαϊκή Ένωση και την ελληνική κυβέρνηση απαιτούσε έναν αποδιοπομπαίο τράγο για μία καταστροφή που ήταν προδιαγεγραμμένο να συμβεί»

Λίγες μόνο ημέρες μετά τις φωτιές, τον Σεπτέμβριο του 2020, η αστυνομία συνέλαβε έξι εφήβους (τους “Moria 6”) και τους κατηγόρησε για εμπρησμό. Ήδη από τη στιγμή της σύλληψής τους, είχαν παρουσιαστεί στο κοινό ως ένοχοι.

Οι Moria 6 δικάστηκαν σε δύο ξεχωριστές δίκες που χαρακτηρίστηκαν ευρέως ως “δίκες-παρωδίες”. Αν και υπήρχαν έγγραφα που αποδείκνυαν την ηλικία τους, μόνο δύο από τους έξι συλληφθέντες αναγνωρίστηκαν ως ανήλικοι. Οι τέσσερις κατηγορούμενοι που αναγνωρίστηκαν ως ενήλικες, καταδικάστηκαν σε πρώτο βαθμό σε 10 χρόνια φυλάκισης τον Ιούνιο του 2021, με την κατηγορία του εμπρησμού που έθετε σε κίνδυνο την ανθρώπινη ζωή, και με το δικαστήριο να αρνείται να λάβει υπόψη του τυχόν ελαφρυντικά.

Δεν μας άκουσαν καθόλου“, δήλωσε μια δικηγόρος καθώς έβγαινε από την αίθουσα του δικαστηρίου, “αυτή η ετυμηγορία είχε ήδη καθοριστεί όταν οι κατηγορούμενοι συνελήφθησαν στα μέσα Σεπτεμβρίου του 2020“. Αμέσως μετά την ανακοίνωση της ετυμηγορίας, η υπεράσπιση άσκησε έφεση.

Μετά την ετυμηγορία στις 11 Ιουνίου 2021, διεθνείς παρατηρητές της δίκης επέκριναν την έλλειψη αποδεικτικών στοιχείων και έκαναν λόγο για μια άδικη δίκη. Οι διεθνείς παρατηρητές της δίκης στην αναλυτική έκθεσή τους για τη δίκη κατέληξαν στο συμπέρασμα ότι το δικαίωμα των κατηγορουμένων σε μια δίκαιη δίκη παραβιάστηκε επανειλημμένα. Παρά την έλλειψη σαφών αποδείξεων για τη συμμετοχή των τεσσάρων κατηγορουμένων στις πολλαπλές φωτιές, κρίθηκαν ένοχοι μετά από μια δίκη που διήρκεσε δύο ημέρες. Βασικά έγγραφα της δίκης δεν μεταφράστηκαν για τους κατηγορούμενους, με αποτέλεσμα να μην μπορούν να κατανοήσουν τις κατηγορίες που απαγγέλθηκαν εναντίον τους. Για το λόγο αυτό και μόνο, η δίκη είναι τυπικά άκυρη.

Η αναβολή της έφεσης των Moria 6 σημαίνει επίσης ότι πλέον μπορούν να εξεταστούν νέα σημαντικά στοιχεία που αποδεικνύουν ότι τρεις από τους τέσσερις νεαρούς ήταν ανήλικοι όταν συνελήφθησαν.

Πρέπει να τονιστεί και πάλι ότι το δικαστήριο βασίστηκε αποκλειστικά στη γραπτή κατάθεση ενός μάρτυρα, ο οποίος φέρεται να μην μπορεί πλέον να βρεθεί. Ωστόσο, η μαρτυρία του είναι γεμάτη αντιφάσεις, όπως αποδεικνύεται τώρα από την εκτενή έκθεση ανάλυσης της νύχτας της φωτιάς. Επιπλέον, ανέφερε μόνο μικρά ονόματα, κοινά μεταξύ των ανθρώπων που ζούσαν στο camp, βάσει των οποίων η αστυνομία συνέλαβε τους έξι εφήβους. Ο “μάρτυρας” δεν ήταν παρών σε καμία δίκη. Το μόνο που μπορεί να υποθέσει κανείς είναι ότι, το δικαστήριο, έχοντας επίγνωση της έωλης κατάθεσης του μοναδικού μάρτυρα της υπόθεσης, δεν θέλησε να διακινδυνεύσει την καταδίκη των έξι νεαρών σε αυτή την πολιτική δίκη, παρά την έλλειψη αποδεικτικών στοιχείων.

Η ανησυχία για μια προδεδικασμένη απόφαση είχε ήδη γίνει πραγματικότητα όταν οι δύο από τους έξι εφήβους, αυτοί που έγιναν επίσημα δεκτοί ως ανήλικοι, καταδικάστηκαν σε πέντε χρόνια φυλάκιση από το Δικαστήριο Ανηλίκων της Λέσβου τον Μάρτιο του 2021. Στις 7 Ιουνίου 2022, η πρωτόδικη απόφαση επικυρώθηκε από το Εφετείο Ανηλίκων, παρά το γεγονός ότι δεν υπάρχουν ακόμη αξιόπιστα στοιχεία. Μόνο που αυτή τη φορά η ποινή μειώθηκε από πέντε σε τέσσερα χρόνια λόγω “καλής διαγωγής εντός της φυλακής”. Το Legal Center Lesvos κατέθεσε αίτηση ακύρωσης της άδικης ποινής, η οποία απορρίφθηκε από τον Άρειο Πάγο. Η αίτηση θα προωθηθεί τώρα στο Ευρωπαϊκό Δικαστήριο. Εν τω μεταξύ, ο Α.Α. αφέθηκε ελεύθερος με αναστολή λόγω καλής διαγωγής, ενώ ο Μ.Χ. οδηγήθηκε απευθείας από τη φυλακή στο κρατητήριο για απέλαση.

Οι αδικίες που διαπράχθηκαν μετά τη σύλληψη των Moria 6, δεν είναι δυστυχώς μεμονωμένες περιπτώσεις, αλλά μέρος της συστηματικής ποινικοποίησης των αιτούντων άσυλο στην Ελλάδα.

Η καταδίκη των έξι εφήβων είναι άλλο ένα συγκλονιστικό παράδειγμα του τρόπου με τον οποίο ποινικοποιούνται οι άνθρωποι που βρίσκονται σε κίνηση (people on the move), σε μια προσπάθεια να στραφεί η προσοχή της κοινής γνώμης μακριά από τα εγκλήματα της ΕΕ και του ελληνικού κράτους, που κατασκευάζουν και διατηρούν απάνθρωπα camps, όπως αυτό της Μόριας. Αποτελεί, άλλωστε, ανησυχητικό γεγονός ότι η μεταρρύθμιση του “Κοινού Ευρωπαϊκού Συστήματος Ασύλου” (ΚΕΣΑ), προβλέπει περισσότερα camps κατά το πρότυπο της Μόριας στα εξωτερικά σύνορα της ΕΕ.

Στεκόμαστε αλληλέγγυες/οι/α με τους Moria 6 και ενάντια στο θανατηφόρο καθεστώς των ευρωπαϊκών συνόρων!

Καλούμε την ΕΕ και το ελληνικό κράτος να αναλάβουν την ευθύνη για τα απάνθρωπα camps που σκόπιμα δημιούργησαν και για τον ανθρώπινο πόνο που προκαλείται από αυτά!

++ Μοιραστείτε αυτές τις πληροφορίες, και οργανώστε δράσεις αλληλεγγύης με το hashtag #FreeTheMoria6

Η άσκηση πολιτικών και δημόσιων πιέσεων θα μπορούσε να αυξήσει τις πιθανότητες απελευθέρωσής τους!

++ Για πληροφορίες σχετικά με το νομικό πλαίσιο επισκεφτείτε τη σελίδα του Legal Centre Lesvos

 

Για περισσότερες πληροφορίες και επαφές:

Email: freethemoria6@riseup.net

Twitter: #FreeTheMoria6

Blog: https://freethemoria6.noblogs.org/

 

Επαφές Τύπου:

Alice Kleinschmidt, Welcome Office Lesvos: +30 698 872 4982

Νεφέλη Μπελαβίλα – Τροβά, CPT – Aegean Migrant Solidarity: lesvos@cpt.org

[Pressemitteilung 03.02.2023] Kriminalisierung von Geflüchteten erreicht neue Eskalationsstufe: Junge Frau muss sich in Griechenland wegen versuchtem Selbstmord vor Gericht verantworten

Statement der Initiativen CPT Aegean Migrant Solidarity, borderline-europe e.V., You can’t evict Solidarity vom 03.02.2023:

Kriminalisierung von Geflüchteten erreicht neue Eskalationsstufe: Junge Frau muss sich in Griechenland wegen versuchtem Selbstmord vor Gericht verantworten

Am 8. Februar 2023 steht eine 29-jährige Frau, die versucht hat, sich im berüchtigten Camp Moria 2 auf der griechischen Insel Lesbos vor Verzweiflung selbst zu verbrennen, nun wegen Brandstiftung vor Gericht.

Am 21. Februar 2021 hatte die hochschwangere M.M. versucht, sich das Leben zu nehmen, indem sie sich im neuen Aufnahme- und Identifizierungszentrum (RIC) Mavrovouni (auch Kara Tepe oder Moria 2 genannt) auf Lesbos in Brand steckte. Die benachbarten Bewohner:innen im Camp retteten sie aus dem brennenden Zelt und löschten das Feuer mit Wasserflaschen und Handtüchern. M.M. erlitt Verletzungen am ganzen Körper und wurde ins Krankenhaus gebracht.
Grausamer als die Verbrennungen: Anstatt der traumatisierten Familie Hilfe und psychologische Betreung zu bieten wurde M.M. nach dem Vorfall wegen vorsätzlicher Brandstiftung, Gefährdung des Lebens und von Sachen anderer sowie Beschädigung einer gemeinschaftlichen Sache (Zelt) durch Feuer angeklagt.

M.M. lebte mit ihren Ehemann und drei kleinen Kindern zum Zeitpunkt der Verzweiflungstat bereits mehr als fünf Monate im Camp „Moria 2“ unter menschenverachtenden Bedingungen. Die Situation im Camp war im Winter 2020/21 katastrophal. Der Platz dicht am Meer ist zum Leben vollkommen ungeeignet: Die Zelte brechen durch starken Wind und heftigem Regen immer wieder zusammen oder werden überflutet. Es mangelt an medizinischer Versorgung, Privatsphäre, Strom, fließendem Wasser, heißen Duschen, funktionierenden Toiletten und anderen Hygieneeinrichtungen. Als ob dies nicht genug wäre, bestätigte die griechische Regierung am 23. Januar 2021 öffentlich, dass in den Bodenproben gefährliche Bleikonzentrationen gefunden wurden.

M.M.s Anwältin von der Organisation HIAS Griechenland weist darauf hin, dass schwangere Frauen in der Liste der schutzbedürftigen Personengruppen stehen, die besondere Aufnahmebedingungen erhalten sollten; daher hätte M.M. als schwangere Frau in eine geeignete Unterkunft verlegt werden müssen.

Die Familie konnte mit ihren mittlerweile vier Kindern nach einem entsprechenden Antrag ihrer Anwältin inzwischen nach Deutschland umsiedeln. M.M. ist immer noch stark traumatisiert und die ganze Familie leidet massiv unter der Anklage. Auch in Deutschland erhält die Familie bisher nicht die notwendige psychologische Betreuung,um die Erlebnisse verarbeiten und sich dem anstehenden Verfahren stellen zu können.

Die strafrechtliche Verfolgung von M.M. wegen ihres Selbstmordversuchs, der nach dem griechischen Strafgesetzbuch nicht strafbar ist und nun brutal als vorsätzliche Brandstiftung eingestuft wird, ist eine erneute Eskalation der Kriminalisierung von Schutzsuchenden. Damit soll zudem von der Verantwortung des griechischen Staates und der EU, angemessene Lebensbedingungen für schutzsuchende Menschen zu gewährleisten,abgelenkt werden. Nach dem selben Muster wurden sechs Jugendliche ohne jegliche Beweise dafür angeklagt und verurteilt, den Brand der zur vollständigen Zerstörung des Camps Moria im September 2020 geführt hat, gelegt zu haben.(https://freethemoria6.noblogs.org/)

Alice, borderline-lesvos: „Es ist der unglaublichste, entwürdigendes Fall von Kriminalisierung, von dem wir je gehört haben. Eine Frau, eine Familie, die verzweifelt Hilfe brauchte, hat schon Monate vor der Tragödie um Hilfe geschrien. Sie konnte eine weitere Geburt in diesem Lager nicht überleben. Sie sah keine andere Möglichkeit, als sich etwas anzutun, um dem Stress und den Schmerzen zu entkommen, denen sie ausgesetzt war. Wir trafen sie, als sie immer noch in tiefer Verzweifelung über das Leben ihrer vier Kinder war….und dann der Schock: Anstatt der Familie zu helfen, wird die Mutter (von vier Kindern) wegen Brandstiftung angeklagt. Anstatt sie viele Monate zuvor aus den schrecklichen Zuständen, in denen sie lebten, zu evakuieren und ihnen einen sicheren Ort für ein Neugeborenes zu geben, wurde sie kriminalisiert.“

Kim, Kampagne “You can`t evict Solidarity”: “Die Klage gegen M.M. ist nicht das erste Mal, dass Migrant:innen in Griechenland aus absurden Gründen und ohne Beweise angeklagt wurden. Im aktuellen politischen Umfeld hat die Kriminalisierung von Migration jedoch eine neue Stufe erreicht, ebenso wie die brutalen Pushbacks von Migrant:innen durch die griechische Küstenwache und Frontex.”

Christina, CPT Aegean Migrant Solidarity: “Leider überraschen uns die griechischen Behörden immer wieder mit der zunehmenden Kriminalisierung von Migration und Migranten. Neben der Kriminalisierung der Seenotrettung und der Solidarität gehen die griechischen Behörden noch einen Schritt weiter, indem sie die Verzweiflung kriminalisieren. Der Fall von M.M. ist ein Symbol für unmenschliche Behandlung und die Entwertung des Lebens.”

Im Mai 2022 feierten wir den Erfolg des Freispruchs im Falle von N. einem jungen Vater der nach dem tragischen Tod seines Sohnes bei der Überfahrt von der Türkei in die EU von der griechischen Justiz wegen Kindeswohlgefährdung angeklagt wurde. Auch dieser Fall zeigte exemplarisch das zynische politische Vorgehen unter dem traumatisierte Geflüchtete mit fadenscheinigen Begründungen strafrechtlich verfolgt werden. Diese Verfahren richten, auch im Falle eines Freispruchs, immense psychologische Schäden bei den Betroffenen an. Die systematische Kriminalisierung von Schutzsuchenden dient lediglich dem Zwecke der Ablenkung und Abschreckung zum Leidwesen von Menschen, die bereits Opfer eines rassistischen Systems geworden sind, dass sie zur Flucht zwingt und sie gleichzeitig dafür bestrafen will ein Leben in Sicherheit zu suchen. Der Freispruch des jungen Vaters konnte nur durch das große Solidaritätsnetzwerk erreicht werden, dass gemeinsam mit seinen Anwält:innen für seine Freilassung kämpfte, die meisten Fälle der Kriminalisierung von Migration finden jedoch abseits von öffentlicher Aufmerksamkeit statt und enden meistens mit jahrelangen Haftstrafen. (https://freethesamostwo.com/de/ueber/)

Der Prozess gegen M.M. war ursprünglich auf den 22.06.2022 angesetzt. Ein Zeuge der Anklage, ein Zeltnachbar von M.M. war nicht erschienen. Obwohl seine Aussage schriftlich vorlag, nutzte das Gericht die Gelegenheit, den Prozess zu verschieben. Dieses Vorgehen ist inzwischen ein fester Bestandteil der brutalen Kriminalisierung von Schutzsuchenden und erfordert eine Menge Energie und Ressourcen. Zudem wurde der Antrag der Verteidigung abgelehnt, die Verpflichtung aufzuheben, nach der sich die schwer traumatisierte Frau regelmäßig bei der griechischen Botschaft melden muss. M.M. und ihre Familie mussten 8 weitere Monate in Ungewissheit bleiben und dürfen ihre traumatischen Erlebnisse noch immer nicht hinter sich lassen.

Wir fordern einen fairen und transparenten Prozess! Dieser kann nur zu einem Freispruch für M.M. führen.
Wir stehen in Solidarität mit M. M. und ihrer Familie und gegen das tödliche europäische Grenzregime!

Wir fordern den griechischen Staat und die EU auf, Verantwortung für die unmenschlichen Lager zu übernehmen!
– Stoppt die Kriminalisierung von Flucht und Migration!
– Stoppt die Abschottung der Menschen am Rande der EU!
– No more Morias!
– Freispruch für M.M!

Fragen und Interviewanfragen: cantevictsolidarity@riseup.net 

Kontakt und Information zu rechtlichen Fragen:

 

[Pressemitteilung 9.12.2022] Verspätete „Gerechtigkeit“ im Berufungsverfahren: Amir und Akif kommen endlich frei!

Pressemitteilung 9.12.2022

Pressemitteilung der Initiativen Legal Center Lesvos, Aegean Migrant Solidarity, borderline-europe e.V., You can’t evict Solidarity und Deportation Monitoring Aegean vom 8. Dezember 2022

Verspätete „Gerechtigkeit“ im Berufungsverfahren: Amir und Akif kommen endlich frei!

Am gestrigen 8. Dezember 2022 fand in Mytilini, Griechenland, der zweimal verschobene Berufungsprozess gegen Amir Zahiri und Akif Razuli statt. Am Ende sprach das Berufungsgericht mit drei Richtern Akif frei, befand Amir jedoch des „Bootsteuerns“ für schuldig und verurteilte ihn zu 8 Jahren Gefängnis. Im Vergleich zur erstinstanzlichen Entscheidung wurde seine Strafe erheblich reduziert, was bedeutet, dass er vorzeitig auf Bewährung entlassen werden kann. Die Initiativen Legal Center Lesvos, Aegean Migrant Solidarity, borderline-europe e.V., You can’t evict Solidarity und Deportation Monitoring Aegean beobachten den Fall der beiden auf Lesbos und begrüßen ihre bevorstehende Haftentlassung.

Nach einem Tag der Ungewissheit, ob der Prozess stattfinden oder erneut verschoben wird, hat der Prozess am späten Donnerstagnachmittag endlich begonnen. Vier Zeugen sagten für die Angeklagten aus, die von Anwält_innen des Legal Centre Lesvos und des Human Rights Legal Project Samos vertreten wurden.

Am Ende des Prozesses schlug der Staatsanwalt vor, Akif für nicht schuldig zu erklären, da keinerlei Beweise dafür vorlagen, dass er das Boot fuhr, und die Richter_innen stimmten zu.

Obwohl Zweifel an Amirs Schuld geäußert wurden, befand das Gericht Amir für schuldig, die “unbefugte Einreise undokumentierter Migrants” durch Steuern des Boots ermöglicht zu haben. Sie wiesen das Argument zurück, dass Amir gezwungen war, das Boot aus der Not heraus zu fahren, um das Leben seiner Familie und anderer auf dem Boot zu retten – ein rechtlicher Grund für einen Freispruch. Allerdings hat das Gericht seine Haftstrafe aufgrund mildernder Umstände auf 8 Jahre herabgesetzt, so dass er nun eine vorzeitige Entlassung beantragen kann, da er seine Haftzeit durch Arbeits- und Schulzeit während der Haft erheblichen reduzieren kann. Dieses Ergebnis ist zwar unzureichend, aber eine willkommene Nachricht für seine Familie.

Obwohl es nie glaubwürdige Beweise gegen sie gab, sitzen beide Angeklagten nun seit fast 3 Jahren im Gefängnis.

Der Zeuge der Küstenwache – der einzige Zeuge des Staates gegen Akif und Amir – ist gestern erneut nicht erschienen, um vor Gericht auszusagen. An dem für April 2022 angresetzten Termin für die Berufungsverfahren  erschien der Zeuge nicht, was als Grund für die Verschiebung des Prozesses diente und für Amir und Akif acht weitere Monate  warten im Gefängnis bedeutete.

Dies ist leider ein häufiger Vorfall in diesen „boatdriving“-Fällen, in denen die Küstenwache oder die Polizei die einzigen Zeugen gegen den Angeklagten sind. Erst an diesem Montag (5.9.2022) hat das Gericht von Mytilene im Fall von A.B., der auf Mai 2023 verschoben, weil der Zeuge der Küstenwache nicht zum Prozess erschienen ist und auch keine Entschuldigung für seine Abwesenheit angab. Während das Gericht den Beamten der Küstenwache wegen Nichterscheinens mit einer Geldstrafe von 200 Euro belegte, ist dies nur ein Klapser, während A.B.s Leben erneut für weitere sechs Monate in der Schwebe gehalten wird.

Gestern nahm der Zeuge der Küstenwache, der schriftlich gegen Amir und Akif ausgesagt hatte, erneut nicht an der Verhandlung teil. Diesmal ging der Fall glücklicherweise voran.

Es ist wichtig, sich daran zu erinnern, dass die Angeklagten im ersten Prozess aussagten, dass die griechische Küstenwache, als sie auf ihrer Reise von der Türkei im März 2020 griechische Gewässer erreichten, versuchte, sie in die Türkei zurückzudrängen, und dabei das Boot beschädigte, was dazu führte, dass es anfanging zu sinken. Nach Aussage der Angeklagten war die Küstenwache daraufhin gezwungen, alle Passagiere an Bord zu nehmen und nach Griechenland zu bringen. Von besonderer Bedeutung ist, dass es gestern der Staatsanwalt war, der bei seiner Befragung der Angeklagten die Frage aufwarf, ob es während der Überfahrt von Amir und Akif zu einem versuchten Pushback durch die Küstenwache gekommen war oder nicht. Die fortgesetzte Abwesenheit des Zeugen der Küstenwache ist ebenfalls bemerkenswert angesichts der Bedeutung, dass er möglicherweise an diesem versuchten Pushback beteiligt war – dem eigentlichen Verbrechen in diesem Fall.

Ungefähr 40 Personen aus Solidaritätsgruppen und der Presse waren im Gerichtssaal anwesend und versammelten sich nach dem Prozess draußen. Um 19 Uhr, als die Urteile und Urteile verkündet wurden, wurden die beiden mit Spruchbändern und Gesängen begrüßt, die ihre Freiheit feierten.

“Der gestrige Freispruch von Akif Razuli und die reduzierte Strafe für Amir Zahiri waren ein kleiner Sieg. Aber das ist ein sehr kleiner Schritt in dem Kontext, in dem immer noch Tausende von Menschen in Griechenland mit der gleichen Anklage inhaftiert sind, einfach weil sie nach einer besseren Zukunft suchen. Wir werden all jenen beistehen, die wegen Grenzübertritts inhaftiert sind, und mit ihnen für ihre Freiheit kämpfen.”, so Kim Schneider von der Initiative You can`t evict Solidarity.

Vicky Aggelidou vom Legal Center Lesvos, die Akif Razuli vertrat, erklärte: „Nach fast drei Jahren ist dieses Ergebnis das absolute Minimum dessen, was Akif verdient. Er kam als Schutzsuchender nach Griechenland und fand sich ohne Beweise gegen ihn im Gefängnis wieder. Wir hoffen, dass das ungerechte Anti-Schmuggel-Gesetz, wegen dem er und Amir angeklagt wurden, abgeschafft wird und dass die Verfolgung von Migrants in den Rädchen der griechischen Justiz ein Ende findet.“

Annina Mullis, Trial Observer von European Lawyers for Democracy and Human Rights & Swiss Democractic Lawyers: “Wenn ich nur diesen einen Prozess betrachte, habe ich aus prozessualer Sicht nichts zu bemängeln. Die Strafverfolgung von Akif Razuli und Amir Zahiri basiert jedoch nicht auf diesem einen Prozess. Selbst wenn frühere Verstöße durch den Freispruch von Akif Razuli korrigiert wurden, wird er keine der fast drei Jahre, die er grundlos im Gefängnis verbracht hat, zurückbekommen. Und wir dürfen nicht vergessen, dass Amir Zahiri erneut für schuldig befunden wurde. Obwohl die Strafe drastisch reduziert wurde und Amir Zahiri nun auf eine baldige Freilassung auf Bewährung hoffen kann, handelt es sich dennoch um eine politisch motivierte Verurteilung in einem Prozess, der gar nicht erst hätte stattfinden dürfen.”

Das CPT-AMS-Team stellte fest: „Der gestrige Prozess hat eine große Ungerechtigkeit gegen Amir und Akif teilweise wiederhergestellt. Wir hoffen, dass wir in Zukunft nie wieder ähnliche Fälle sehen werden, in denen Menschen ohne Beweise und Zeugen und ohne angemessene Übersetzung verurteilt wurden, wie es der Fall war im ersten Prozess gegen Amir und Akif.”

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Lorraine Leete
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[Pressemitteilung] Zweifach verschobener Berufungsprozesses von Amir Zahiri und Akif Razuli auf Lesbos findet diese Woche statt

Presseerklärung 6.12.2022

Presseerklärung der Initiativen Legal Centre Lesvos, Aegean Migrant Solidarity, borderline-europe e.V., You can’t evict Solidarity und Deportation Monitoring Aegean am 6. Dezember 2022

Zweifach verschobener Berufungsprozesses von Amir Zahiri und Akif Razuli auf Lesbos findet diese Woche statt – Forderung nach Freispruch und Ende der ungerechtfertigten Inhaftierung

Nachdem die beiden Schutzuchenden aus Afghanistan Amir Zahiri (27) und Akif Razuli (24) im September 2020 trotz fehlender Beweise wegen “Beihilfe zur unerlaubten Einreise undokumentierter Migrant:innen” zu 50-jährigen Haftstrafen verurteilt wurden, findet am kommenden Donnerstag, den 8. Dezember 2022, die mehrfach verschobene Berufungsverhandlung in Mytiline statt. Die beiden Angeklagten werden beschuldigt, “Schleuser” zu sein. Mehrere Initiativen fordern den Freispruch und die Freilassung der beiden Angeklagten.

Amir und Akif flohen auf der Suche nach einem Leben in Sicherheit aus Afghanistan nach Europa. Angesichts Europas zunehmender Abschottungspolitik, die es Geflüchteten unmöglich macht, legal nach Europa einzureisen und Asyl zu beantragen, waren sie gezwungen, sich auf den gefährlichen Weg über die Ägäis zu begeben. Mit auf dem Boot befanden sich unter anderem auch Amirs kleine Tochter und seine hochschwangere Frau.
Sie traten ihre Reise im März 2020 an – dem Monat, in dem die griechische Regierung die Aussetzung des Asylrechts als eines der grundlegendsten Menschenrechte verkündete und infolgedessen Schutzsuchende für ihre eigene „unerlaubte Einreise“ anklagte. Dies steht in drastischem Widerspruch zu EU-Recht und der Genfer Flüchtlingskonvention.
In ihrem ersten Gerichtsprozess sagten Amir and Akif aus, dass die griechische Küstenwache das Boot angriff, sobald es in griechische Gewässer eingelaufen war. Die Küstenwache versuchte, das Boot mit Metallstangen zurück in türkische Gewässer zu drängen. Dabei durchbohrten sie das Schlauchboot, sodass Wasser eindrang und die Menschen an Bord in Lebensgefahr gerieten. Als das Boot zu sinken drohte, nahm die Küstenwache die Fliehenden schließlich an Bord.
Nach dieser zutiefst traumatisierenden Erfahrung wurden Amir und Akif zusätzlich von Beamten der sogenannten “Küstenwachte” verprügelt und willkürlich beschuldigt, „Schmuggler“ zu sein. Laut Amirs Frau, die gemeinsam mit ihrer kleinen Tochter all dies miterleben musste, hörten sie erst damit auf, als sie ihr kleines Kind schützend vor ihren Mann hielt und die Männer anflehte, aufzuhören.
Sobald sie auf der griechischen Insel Lesbos ankamen, wurden Amir und Akif vom Rest der Gruppe getrennt und auf die Polizeiwache gebracht. Sie kamen direkt in Untersuchungshaft und wurden am 8. September 2020 zu 50 Jahren Gefängnis verurteilt.

Die Berufungsverhandlung, die bereits zweimal verschoben wurde, wird am 8. Dezember 2022 in Mytilene auf Lesbos stattfinden. Die Berufungsverhandlung wurde zunächst am 18. März 2022 unterbrochen und später erneut am 7. April 2022 aus fragwürdigen Gründen vertagt. Auch der Antrag auf Freilassung der beiden Angeklagten bis zum nächsten Verhandlungstermin wurde damals, obwohl von der Staatsanwaltsschaft vorgeschlagen, vom Gericht abgelehnt.

Obwohl keinerlei Beweise gegen sie vorliegen, sitzen beide Angeklagte nun bereits seit fast 3 Jahren in Haft und warten auf ihr Berufungsverfahren.

Schon lange wird vonseiten der Behörden versucht, entgegen der Fülle an Beweisen für systematische Push-Backs durch die griechische Küstenwache, die Schuldzuweisung in der Öffentlichkeit durch die Kriminalisierung von Migrant:innen auf diese zu übertragen. Dies steht im krassen Gegensatz zur völligen Straffreiheit von Gewalt gegen Migrant_innen an den griechischen Grenzen.

Die Fälle von Amir Zaheri und Akif Razuli sind dabei kein Einzelfall.
“Menschen, die als Schleuser angeklagt sind, bilden die zweitgrößte Gefängnispopulation in Griechenland. Endlich werden diese ungerechten Verfahren ins Rampenlicht gerückt. Regelmäßig werden Migrant:innen in das Gefängnissystem gesteckt und ohne glaubwürdige Beweise verurteilt, ohne dass jemand weiß oder sich darum kümmert, wer sie sind.” CPT-Aegean Migrant Solidarity

Alle Beobachter:innen, Angehörige und Menschen die sich solidarisch zeigen hoffen, dass diese Woche dem rechstwidrigen und politischen Gerichtsverfahren von Amir Zahiri und Akif Razuli ein Ende gesetzt wird.

Lorraine Leete vom Legal Centre Lesvos, dessen Anwält*innen Akif Razuli verteidigen, erklärt:
“Amir und Razuli hätten niemals verhaftet, geschweige denn ohne Beweise für das vorgeworfene Verbrechen verurteilt und ins Gefängnis gesteckt werden dürfen. Auch wenn die beiden die fast drei Jahre, die sie im Gefängnis verbracht haben, nie zurückbekommen werden, hoffen wir, dass dieser Justizirrtum bei der Fortsetzung ihres Berufungsverfahrens korrigiert wird.”

borderline-europe: “Lange Haftstrafen für Menschen auf der Flucht, weil sie es gewagt haben, in Europa anzukommen? Der Umgang der Europäischen Union mit Schutzsuchenden im 21. Jahrhundert ist nichts anderes als schändlich und erbärmlich und wir müssen gemeinsam dagegen ankämpfen.”

Das Legal Centre Lesvos, Aegean Migrant Solidarity, borderline-europe e.V., You can’t evict Solidarity und Deportation Monitoring Aegean haben den Prozess seit Beginn verfolgt. Wir sind weiterhin mit den Angeklagten solidarisch, egal wie lange es dauern wird, bis Amir Zaheri und Akif Razuli endlich wieder in Freiheit sein können.

Wir fordern die Freilassung von Amir Zaheri und Akif Razuli sowie Freispruch in allen Anklagepunkten!

Wir fordern Freiheit für alle, die als “Bootsfahrer” inhaftiert sind und ein Ende der Kriminalisierung von Menschen auf der Flucht!

Die Europäische Union muss die willkürliche Inhaftierung von Geflüchteten und Migrant:innen beenden!

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Το Εφετείο κατά των Amir και Razuli διακόπηκε για τις 7 Απριλίου 2022 μετά από δύο μέρες αναμονής

——deutsch unten——
#FreeAmirAndRazuli

Το Εφετείο των δύο νεαρών Αφγανών που είχαν καταδικαστεί σε πρώτο βαθμό με τις κατηγορίες περί «διευκόλυνσης παράνομης εισόδου» και «παράνομη είσοδο» στην Ελλάδα διακόπηκε. Οι κατηγορούμενοι Amir Zahiri (27 ετών) και Akif Razuli (24 ετών) μεταφέρθηκαν από τις φυλακές Χίου και Σερρών αντίστοιχα, στο Αστυνομικό Τμήμα Μυτιλήνης, όπου αναγκάστηκαν να περιμένουν επί δύο μέρες για την πραγματοποίηση της δίκης τους. Κατά παράβαση του ελληνικού ποινικού δικονομικού δικαίου, οι κατηγορούμενοι κάθισαν με χειροπέδες μέσα στην αίθουσα του δικαστηρίου, περιμένοντας την έλευση της δίκης τους. Δεν τους δόθηκε καμία ενημέρωση για το αν και πότε θα γίνει η δίκη τους, μέχρι που τελικά ξεκίνησε στις 18 Μαρτίου, στις 14:30 μ.μ και να διακοπεί αμέσως. Όλοι οι μάρτυρες όπως και οι διεθνείς παρατηρητές της δίκης που είχαν ταξιδέψει στη Μυτιλήνη από διάφορες ευρωπαϊκές χώρες όπως και διάφορα μέρη της Ελλάδας, αναγκάστηκαν επίσης να περιμένουν μαζί με τον Amir και τον Razuli, μεταξύ των οποίων και η σύζυγος του Amir μαζί με τα δύο ανήλικα παιδιά τους. Επίσης, στην δίκη ήρθαν τρία μέλη του Ευρωπαικού Κοινοβουλίου, καθώς και ο διασώστης Ιάσονας Αποστολόπουλος, για να καταθέσουν και να παρακολουθήσουν την διαδικασία.

Η δίκη θα συνεχιστεί σε 20 μέρες, στις 7 Απριλίου 2022. Με τον τρόπο αυτό, η αλυσίδα της αδικίας με την οποία ήρθαν αντιμέτωποι τα τελευταία χρόνια οι Amir και Razuli συνεχίζεται. Οι Amir και Razuli συνελήφθησαν αυθαίρετα στις 12 Μαρτίου 2020, προφυλακίστηκαν για επτά μήνες και καταδικάστηκαν τον Σεπτέμβριο του 2020 σε 50 χρόνια φυλάκισης χωρίς κανένα στοιχείο εναντίον τους. Τώρα το Εφετείο τους διακόπηκε. 

Μια ελληνίδα παρατηρήτρια της δίκης από την οργάνωση Aegean Migrant Solidarity δήλωσε:

«Οι δύο τελευταίες μέρες ήταν πολύ δύσκολες, ιδιαίτερα για τους ανθρώπους που βρίσκονται υπό κράτηση χωρίς κανένα στοιχείο για τόσο πολύ καιρό. Δύο μέρες τώρα, κανείς δεν γνώριζε αν η δίκη θα ξεκινήσει ή όχι. Το δικαστήριο αποφάσισε να ξεκινήσει η δίκη σήμερα και να συνεχιστεί στις 7 Απριλίου 2022, επειδή αναγνώρισε το γεγονός ότι η δίκη πρέπει να ξεκινήσει σε ένα εύλογο χρονικό διάστημα. Ας είμαστε όλοι στις 7 Απρίλη!»

Ο Marco Aparicio, παρατηρητής δικών από το Ισπανικό Παρατηρητήριο DESC (ESCR Observatory) σημείωσε:

«Η παράταση της διαδικασίας παρατείνει τα βάσανα για τον Amir και των Razuli, των συγγενών και των φίλων τους που έχουν το δικαίωμα να γνωρίζουν για το μέλλον τους. Αυτή η δίκη, πράγματι, δείχνει ότι η Ευρώπη συνηθίζει όχι να ποινικοποιεί αυτούς που προκαλούν τον πόνο, αλλά τους ανθρώπους που υποφέρουν».

Η Lorraine Leete από το Legal Centre Lesvos, η οποία υπερασπίζεται τον Akif Razuli, εξηγεί: 

«Οι Amir και Razuli δεν θα έπρεπε ποτέ να έχουν συλληφθεί, πόσο μάλλον να καταδικαστούν και να φυλακιστούν, δεδομένης της έλλειψης αποδεικτικών στοιχείων ότι διέπραξαν το έγκλημα για το οποίο κατηγορούνται. Παρόλο που ο Amir και ο Razuli δεν θα πάρουν ποτέ πίσω τα δύο χρόνια που πέρασαν στη φυλακή, ελπίζουμε ότι αυτή κακοδικία θα αποκατασταθεί κατά τη συνέχιση της δίκης τους τον επόμενο μήνα».

Οι οργανώσεις Legal Centre Lesvos, Aegean Migrant Solidarity, borderline – europe e.V, You Can’t Evict Solidarity και η Deportation Monitoring Aegean παρακολούθησαν στενά τη δίκη. Θα συνεχίσουμε να στεκόμαστε αλληλέγγυοι στους κατηγορούμενους, ανεξάρτητα από το πόσος χρόνος θα χρειαστεί για να αποδοθεί δικαιοσύνη για τον Amir και τον Razuli.

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Berufungsprozess gegen Amir und Razuli nach zwei Tagen Wartezeit bis zum 7. April 2022 unterbrochen

Presseerklärung, 18. März 2022
 
Berufungsprozess gegen Amir und Razuli nach zwei Tagen Wartezeit bis zum 7. April 2022 
#FreeAmirAndRazuli

Das Berufungsverfahren gegen die beiden jungen afghanischen Männer, die in erster Instanz wegen “Beihilfe zur illegalen Einreise” und “illegaler Einreise” nach Griechenland verurteilt wurden, wurde pausiert. Die Angeklagten Amir Zahiri (27) und Akif Razuli (24) wurden aus den Gefängnissen von Chios bzw. Serres nach Mytilene auf Lesbos gebracht und mussten dort an zwei aufeinanderfolgenden Tagen stunden lang mit Handschellen im Gerichtssaal warten und anderen Prozessen zusehen, während sie auf ihren eigenen warteten. Sie erhielten keinerlei Informationen darüber, ob und wann der Prozess stattfinden würde. Dieses Vorgehen verstösst gegen die griechische Strafprozessordnung. Schließlich wurde das Verfahren heute, am 18. März, um 14.30 Uhr eröffnet – nur um unmittelbar danach pausiert zu werden. Auch alle Zeug_innen, darunter Amirs Frau und ihre beiden Kinder sowie die internationalen Prozessbeobachter_innen, die aus verschiedenen europäischen Ländern und dem griechischen Festland nach Mytilene gereist waren, mussten ebenfalls erzwungenermaßen vor und im Gerichtsgebäude ausharren. Drei Mitglieder des Europäischen Parlaments waren gekommen, um als Zeug_innen auszusagen und den Prozess zu beobachten, ebenso wie der Seenotretter Iasonas Apostolopoulos.

Der Prozess wird in 20 Tagen, am 7. April 2022, fortgesetzt. Damit setzt sich die Kette der Ungerechtigkeit fort, mit der Amir und Razuli in den letzten Jahren konfrontiert waren: Amir und Razuli wurden am 12. März 2020 willkürlich verhaftet, für sieben Monate in Untersuchungshaft gehalten und im September 2020 ohne jegliche Beweise zu 50 Jahren Haft verurteilt. Nun wurde ihr Berufungsverfahren unterbrochene.

Ein griechische Prozessbeobachterin von Aegean Migrant Solidarity erklärte: “Die letzten zwei Tage waren sehr schwierig, vor allem für die Menschen, die schon so lange ohne Beweise inhaftiert sind. In diesen zwei Tagen wusste niemand, ob der Prozess stattfinden wird oder nicht. Das Gericht hat beschlossen, den Prozess heute zu starten und am 7. April 2022 fortzusetzen. Sie mussten anerkennen, dass der Prozess zu einer angemessenen Tageszeit beginnen muss, um durchgeführt werden zu können. Lasst uns alle am 7. April vor Ort sein!”

Marco Aparicio, Prozessbeobachter des spanischen Observatori DESC (ESCR Observatory) bemerkte: “Das Urteil zu verschieben bedeutet, dass die Angeklagten nun noch länger in einem elenden Zustand verharren müssen. Amir und Razuli, ihre Angehörigen und Freund:innen haben das Recht, endlich über ihre Zukunft Bescheid zu wissen. Dieser Prozess zeigt in der Tat, dass Europa dazu benutzt wird, nicht die Verursacher des Leids zu kriminalisieren, sondern die Menschen, die leiden.”

Lorraine Leete vom Legal Centre Lesvos, welches die Verteidigung von Akif Razuli übernommen hat, erklärt: “Amir und Razuli hätten niemals verhaftet, geschweige denn verurteilt und ins Gefängnis gesteckt werden dürfen. Es gibt keine Beweise dafür, dass sie das Verbrechen begangen haben, das ihnen vorgeworfen wird. Auch wenn Amir und Razuli die zwei Jahre, die sie im Gefängnis verbracht haben, nie zurückbekommen werden, hoffen wir, dass dieser Justizirrtum bei der Fortsetzung d Berufungsverfahrens im nächsten Monat korrigiert wird.”

Das Legal Centre Lesvos, Aegean Migrant Solidarity, borderline-europe e.V., You can’t evict Solidarity und Deportation Monitoring Aegean haben den Prozess aufmerksam verfolgt. Wir werden uns weiterhin mit den Angeklagten solidarisieren, egal wie lange es dauern wird, bis Amir und Razuli Gerechtigkeit widerfährt.

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[Vial15] Pressemitteilung: Abschließendes Urteil gegen die Vial 15

Heute, am 29. Juni 2021, wurden alle Angeklagten vom Vorwurf der Brandstiftung mit Gefährdung von Menschenleben sowie dem Vorwurf der Bildung einer kriminellen Vereinigung im Hotspot Lager Vial auf Chios freigesprochen! Vier Personen wurden von allen Anklagepunkten freigesprochen, acht Personen wurden wegen Widerstand und den Ausschreitungen im Camp sowie eine Person wegen Zerstörung öffentlichen Eigentums verurteilt. Einer der Angeklagten wurde am ersten Tag vom Verfahren ausgeschlossen, weil er minderjährig ist. Eine weitere Person konnte nicht aufgefunden und verhaftet werden und war daher bei der Verhandlung nicht anwesend. Die neun Personen, die verurteilt wurden, erhielten eine Bewährungsstrafe von 3,5 Jahren, gegen die die Anwälte Berufung einlegen werden. Alle 15 Personen werden nun zurück nach Athen und Chios überstellt und dann, teilweise auf Bewährung, freigelassen.

Das Gerichtsverfahren war Folge von Verhaftungen im Zusammenhang von Protesten von Lagerbewohner*innen gegen die katastrophalen Lebensbedingungen im Hotspot-Lager Vial. Die Proteste fanden im April 2020 statt, nachdem über das Lager Vial eine Ausgangssperre verhängt worden war, ohne dass die Bewohner*innen ausreichend mit dem Nötigsten versorgt wurden. Die Wut der Menschen im Lager brach sich Bahn, als eine irakische Frau in einem Isolationscontainer starb, ohne ausreichend medizinisch behandelt worden zu sein.

Alle Angeklagten, die nun offiziell von den Brandstiftungsvorwürfen freigesprochen wurden, wurden jedoch 14 Monate in Untersuchungshaft festgehalten und neun von ihnen sind immer noch nicht von allen Vorwürfen freigesprochen. Und das, obwohl die Staatsanwaltschaft während des gesamten Verfahrens keine stichhaltigen Beweise für die Schuld der Angeklagten vorlegen konnte und sich bei der Verurteilung auf die fragwürdige Identifizierung eines Mitarbeiters einer Sicherheitsfirma des Lagers Vial stützte. Auch der 15. Angeklagte – der von der Asylbehörde offiziell als minderjährig anerkannt wurde – blieb 14 Monate in Untersuchungshaft, obwohl die maximale Dauer der Untersuchungshaft für Minderjährige in Griechenland sechs Monate betragen darf. Er wurde schließlich entlassen, wartet aber immer noch auf seinen Prozess vor einem Jugendgericht.

Der Prozess war von Unregelmäßigkeiten durchzogen. Zunächst erschien der Security Mitarbeiter, Hauptzeuge der Staatsanwaltschaft, nicht vor Gericht. Er behauptete, die Angeklagten erkannt zu haben, obwohl es dunkel war und die Menschen im Lager aufgrund von Corona und wegen des starken Rauchs und Tränengases ihre Gesichter verdeckt hatten. Als er am nächsten Tag endlich im Gericht eintraf und vernommen wurde, führten die Richter ein höchst fragwürdiges Identifizierungsverfahren durch: Sie riefen die zehn Angeklagten, die der Zeuge angeblich erkannt hatte, namentlich auf und forderten sie nacheinander auf, sich zu erheben und ihre medizinischen Masken abzunehmen. Der Zeuge bestätigte lediglich jedes Mal, dass er sie wiedererkennen würde und musste sie somit nicht eigenständig identifizieren. Gleichwohl sagte er aus, die Angeklagten nicht beim Legen von Feuer gesehen zu haben. Der zweite Zeuge der Staatsanwaltschaft konnte keinen der Angeklagten identifizieren.

Dank der Verteidiger konnte gezeigt werden, dass die Vorwürfe unplausibel und wenig fundiert waren. Auch ist es der Solidarität und den Bemühungen der Zeug*innen der Verteidigung zu verdanken – Personen, die zur Zeit des Brandes mit den Angeklagten im Lager Vial gelebt hatten und viermal auf eigene Kosten zur Aussage nach Lesvos reisten – dass der Hauptanklagepunkt schließlich fallen gelassen wurde. Zwei der Verteidiger erklärten:

“Wir freuen uns sehr über das Ergebnis. Wir sind stolz, dass wir das Gericht dazu gebracht haben, unsere Bitten um einen fairen Prozess anzuhören und hoffen, dass dies keine Ausnahme bleibt, sondern von nun an die Regel sein wird. Trotzdem sind wir traurig darüber, dass diese Menschen für ein Verbrechen, das sie nicht begangen haben, eineinhalb Jahre in Untersuchungshaft saßen. Wir wünschen ihnen eine bessere Zukunft in Griechenland mit Gerechtigkeit und Solidarität.”

Dimitris Choulis, Human Rights Legal Project Sámos und Alexandros Georgoulis

Der Prozess reiht sich ein in eine Geschichte von Gerichtsverfahren gegen Migrant*innen, die sich gegen die unmenschliche Behandlung, der sie auf den griechischen Inseln ausgesetzt sind, wehren. Nur zwei Wochen zuvor wurden die Moria 6 in einem unfairen Prozess mit fadenscheinigen Beweisen verurteilt, das Lager Moria auf der Insel Lesbos angezündet zu haben.

Während die Geflüchteten verurteilt wurden, wurde niemand für den Tod der Frau im Lager Vial und all die unbekannten Todesfälle in weiteren Lagern und auf See zur Verantwortung gezogen. Stattdessen sind es wieder Geflüchtete, die zu Sündenböcken für die unmenschliche Politik der Einsperrung in Lagern und Gefängnissen gemacht werden. Das eigentliche Verbrechen, Menschen in unerträgliche Lebensbedingungen zu zwingen und sogar ihren Tod in Kauf zu nehmen, wird von keinem Gericht angerührt. Das Problem sind nicht die selbstorganisierten Proteste gegen diese Repression und die Lagerstrukturen. Das Problem ist die Existenz der Lager!

 

#FreeTheMoria6 – Nach dem Brand im Moria Camp: Forderung nach einem fairen und transparenten Prozess für die angeklagten Moria 6 auf der Grundlage der Unschuldsvermutung!

Statement auf Englisch, Griechisch, Deutsch, Farsi, Französisch, Spanisch veröffentlicht unter: https://freethemoria6.noblogs.org/

#FreeTheMoria6 – Nach dem Brand im Moria Camp: Forderung nach einem fairen und transparenten Prozess für die angeklagten Moria 6 auf der Grundlage der Unschuldsvermutung!

Am 11. Juni 2021 findet auf der griechischen Insel Chios der Prozess gegen vier der sechs jugendlichen Migranten statt, die beschuldigt werden, das Camp Moria niedergebrannt zu haben. Vom Moment ihrer Verhaftung an und vor dem Start eines ordentlichen Gerichtsverfahrens wurden sie in der Öffentlichkeit als Schuldige präsentiert. Zwei mitangeklagte Minderjährige wurden bereits im März zu Gefängnisstrafen verurteilt, trotz mangelnder Beweise und einem von Unregelmäßigkeiten durchzogenen Gerichtsverfahren.

Wir sind zutiefst besorgt darüber, dass ihr Recht auf einen fairen und gerechten Prozess, basierend auf der Unschuldsvermutung, nicht gewährleistet ist und sie stattdessen zu Sündenböcken für die unmenschliche EU-Migrationspolitik gemacht werden. Wir stehen in Solidarität mit den Moria 6 und gegen das tödliche europäische Grenzregime!

Am 8. September 2020 brannte – angefacht durch einen starken Wind – das berüchtigte Camp Moria auf der griechischen Insel Lesbos vollständig ab. Die großflächigen und langanhaltenden Brände, die gut dokumentiert und nahezu live über soziale Medien übertragen wurden, brachten die anhaltende Politik der Abschreckung durch unmenschliche Bedingungen in Europas Hotspot-Lagern in der Ägäis zurück in das mediale Rampenlicht. (Fußnote 1)

Anstatt das Feuer als unvermeidliche Katastrophe in einer tödlichen Lagerinfrastruktur zu sehen, verhaftete der griechische Staat sechs junge afghanische Migranten und präsentierte sie als die Schuldigen und alleinige Auslöser des Feuers womit versucht wurde, eine weitere öffentliche Debatte über die Lebensbedingungen im Lager und die politische Verantwortung im Keim zu ersticken. Die Brände ereigneten sich zu einer Zeit, als die Zahl der im Lager lebenden Menschen 12.000 erreicht hatte, Bewegungseinschränkungen seit fast sechs Monaten in Kraft waren und sich eine wachsende Angst vor Covid-19 im Lager ausbreitete. Eine Woche vor dem Brand war die erste Person positiv getestet worden. Anstatt die infizierten Menschen aus dem Lager zu bringen und die Lebensbedingungen für die Eingeschlossenen zu verbessern, plante die Regierung, das gesamte Lager mit einem doppelten Nato-Hochsicherheitszaun komplett abzuriegeln und ging gewaltsam gegen jeden Protest vor. (Fußnote 2)

Die Behörden leugnen nicht nur jegliche Verantwortung, es besteht auch Grund zur Annahme, dass die Angeklagten keinen fairen und gerechten Prozess erwarten können. Sie wurden von den Behörden vom Moment ihrer Verhaftung an als schuldig dargestellt. Der griechische Minister für Migration und Asyl erklärte nur eine Woche nach dem Brand, dass “das Lager von sechs afghanischen Flüchtlingen in Brand gesetzt wurde, die verhaftet wurden”, was ihr Recht auf einen fairen Prozess unter der Unschuldsvermutung verletzt. Fünf der Moria 6 waren minderjährig, als sie verhaftet wurden, aber nur zwei von ihnen wurden vom griechischen Staat als solche anerkannt und infolgedessen nach dem Jugendstrafrecht behandelt.

Die Befürchtungen von Prozessbeobachtenden haben sich bereits bewahrheitet, als die beiden offiziell als Minderjährige anerkannten Personen im März 2021 vor Gericht standen. Zu diesem Zeitpunkt befanden sich die beiden bereits seit fast sechs Monaten in Untersuchungshaft, der gesetzlichen Höchstdauer für Minderjährige, und hätten folglich bald entlassen werden müssen. In einer eilig einberufenen Gerichtsverhandlung, die grundlegende prozessuale Standards der Fairness missachtete (Fußnote 3), wurden sie trotz fehlender Beweise für schuldig befunden und zu fünf Jahren Gefängnis verurteilt.

Der Fall der Moria 6 ist nicht das erste Mal, dass MigrantInnen in Griechenland willkürlich verhaftet und angeklagt wurden (siehe den Fall der Moria 35). Diese Praxis ist schon lange Teil des unmenschlichen EU-Grenzregimes. Im aktuellen politischen Umfeld hat die Kriminalisierung von Migration jedoch eine neue Stufe erreicht, ebenso wie die illegalen Pushbacks von MigrantInnen durch die Behörden.

Wir fordern einen fairen und transparenten Prozess am 11. Juni!

Wir stehen in Solidarität mit den Moria 6 und gegen das tödliche europäische Grenzregime!

Wir fordern die EU und den griechischen Staat auf, Verantwortung für die unmenschlichen Lager, die sie mutwillig geschaffen haben, und für das menschliche Leid, das daraus resultiert, zu übernehmen!
– Stoppt die Abschottung der Menschen am Rande der EU!
– Schluss mit dem EU-Türkei-Deal!
– No more Morias!
– Free the Moria 6!

++ Unterschreibt den Aufruf, teilt  die Infos, organisiert Solidaritätsaktionen unter dem Hashtag #FreeTheMoria6 ++

Alle Gruppen und Initiativen, die unterschreiben wollen, schicken bitte bis spätestens 5. Juni 2021 eine E-Mail an freethemoria6@riseup.net

[Moria6] Podcast zum Fall und Prozess der Moria 6

Hier findet ihr den am 30.04.2021 zuerst ausgetrahlten Podcast zum Fall und Prozess der Moria 6 zum Nachhören.

————–

YOU CAN’T EVICT SOLIDARITY, ein Podcast für grenzenlose Solidarität | Folge 1: Die Moria 6 – erste Verurteilungen nach den Bränden im Lager Moria im September 2020

(Sollte er nicht vollständig abspielen, findet ihr ihn auch nochmal hier: https://www.radiostimme.at/still-in-solidarity-ii-gerichtsprozess-zum-brand-in-moria/)

Mit dieser Folge startet der Podcast der Antirepressions-Kampagne You can’t evict solidarity mit der ersten Folge im Stadtradio Göttingen!
Nachdem im September 2020 das europäische Hotspot-Lager Moria auf Lesvos komplett niederbrannte, wurden willkürlich 6 Jugendliche verhaftet. Zwei von ihnen wurden nun ein Jahr später ohne jegliche Beweise verurteilt.
Wir sprechen über die katastrophalen Zustände im Lager, über die Brände im September 2020, über die menschenverachtenden Abschottungs- und Einsperrpolitiken der EU und des griechischen Staates, über Proteste und Widerstände der Betroffenen und über die krassen Repressionen, die willkürlich gegen Geflüchtete verhängt werden.

You can’t evict solidarity ist eine Antirepressions-Kampagne, die Menschen auf der Flucht nach Fällen staatlicher oder anderer institutioneller Repression unterstützt. Mehr Infos findet ihr auf dem Blog cantevictsolidarity.noblogs.org

Hier findet ihr den Song “Dead Rabbits” und das Video von Mohammed Hussein: https://www.youtube.com/watch?v=QNCxVVT2FK8

Den Sampler “The Balkan Route” vom NoBorders Music Collective mit den Tracks “Fuck Being A Refugee” von Amine Oucheri, Anon & Kasoz und “Dile Min Biaxiva (Kurdish Cowboy Version)” von Salman Duski findet ihr hier: https://musicnoborders.bandcamp.com/

Den Track “Να κάνουμε έφοδο” von Daisy Chain könnt ihr euch hier anhören: https://daisychaingr.bandcamp.com/

[Lesbos] Freiheit für die inhaftierten Moria6 – Griechischer Staat eröffnet Prozess gegen zwei der sechs Angeklagten nach dem Brand in Moria 2020

Freiheit für die inhaftierten Moria6 – Griechischer Staat eröffnet Prozess gegen zwei der sechs Angeklagten nach dem Brand in Moria 2020

Heute, am 8. März, eröffnete das Gericht von Mytilini, Lesvos, den Prozess gegen zwei junge Männer aus Afghanistan. Die beiden kamen als unbegleitete Minderjährige nach Griechenland und waren zum Zeitpunkt ihrer Verhaftung erst 17 Jahre alt. Sie gehören zu der Gruppe von sechs Personen, die wegen “Brandstiftung mit Lebensgefahr” angeklagt sind und die nach den Ereignissen vom 8. September 2020, als das Lager Moria bis auf die Grundmauern niederbrannte, festgenommen wurden.

Die beiden Angeklagten, die als Minderjährige verhaftet wurden, sitzen mittlerweile seit fast sechs Monaten in Untersuchungshaft – die maximale Zeit für Untersuchungshaft von Minderjährigen. Das Gericht hat mehrere Zeugen für den Prozess mobilisiert, darunter die Lagerleitung, die Polizei und Bewohner des Dorfes Moria. Die Überwachung des Prozesses wird durch die starke Polizeipräsenz vor dem Gericht und die strengen und unverhältnismäßigen Bewegungseinschränkungen wegen des Covidvirus unmöglich gemacht. Da die Angeklagten zum Zeitpunkt ihrer Verhaftung minderjährig waren, ist der Prozess zudem für die Öffentlichkeit gesperrt.

Der Prozess hat heute offiziell begonnen, wurde aber sofort unterbrochen, weil einer der Angeklagten krank ist und Fieber hat, und wurde aber nur auf morgen vertagt.

Bisher hat die Staatsanwaltschaft keine glaubhaften Beweise gegen einen der sechs Angeklagten vorgelegt, die darauf hindeuten, dass sie in irgendeiner Weise an dem verzweifelten Akt des Widerstands beteiligt waren, die mehrfachen Brände zu legen, die schließlich den unmenschlichen europäischen Hotspot, das Lager Moria, zerstörten. Es scheint jedoch, dass die Behörden darauf aus sind, sie zum Sündenbock für Europas tödliche Grenzpolitik zu machen.

Es gibt nur einen Zeugen gegen alle 6 Angeklagten – einen der afghanischen Anführer im Lager Moria. Es ist eine gängige Praxis der Polizei auf Lesbos, Anführer durch die Androhung von Verhaftung oder im Austausch gegen Vorteile wie die Erlaubnis, die Insel verlassen zu dürfen, dazu zu bringen Informationen weiter zu geben. Die Angeklagten gehören der schiitischen Minderheit der Hazara an, die seit jeher gewaltsamer Verfolgung und systematischer Diskriminierung durch die tadschikische und paschtu-sunnitische Mehrheit entlang von Klassen-, Rassen- und Religionsgrenzen ausgesetzt ist. Der einzige Zeuge gegen sie ist Pashtu.

Fünf der Angeklagten waren zum Zeitpunkt ihrer Verhaftung minderjährig, der sechste war erst 18 Jahre alt. Drei der fünf Minderjährigen waren jedoch bei ihrer Ankunft in Griechenland unrechtmäßig als Erwachsene registriert worden. Die drei legten dem Gericht nach ihrer Verhaftung Originalausweise vor, aus denen ihr tatsächliches Alter hervorging, und beantragten Alterseinschätzungen durch medizinische Fachleute. Trotzdem wurden die Dokumente als gefälscht zurückgewiesen und der staatliche medizinische Prüfer bewertete sie als Erwachsene, und sie wurden weiterhin vom griechischen Staat als Erwachsene behandelt.
Die beiden Angeklagten, die morgen vor Gericht stehen, sind die beiden, die zum Zeitpunkt ihrer Verhaftung als Minderjährige anerkannt waren.

Es ist wahrscheinlich, dass die Fakten vor Gericht keine Rolle spielen werden. Der griechische Staat ist entschlossen, jemanden zu finden, der schuldig ist, Europas Pilotprojekt des “Hot-Spot”-Modells der Inhaftierung, der Einsperrung auf den Inseln unter höllischen Bedingungen und der Abschiebung niederzubrennen. Die staatlichen Behörden hatten ihre Schuld schon lange vor einem Prozess festgestellt. Der Minister für Migration und Asyl, Notis Mitarakis, erklärte in einem Interview mit CNN am 16. September 2020: “Das Lager wurde von sechs afghanischen Flüchtlingen angezündet, die verhaftet worden sind.” Auf eine Frage nach dem Wohlergehen der unbegleiteten Minderjährigen, die durch das Feuer obdachlos geworden waren, antwortete Mitarakis, dass zwei Minderjährige zusammen mit vier anderen laut Polizeiaufnahmen verhaftet worden seien, weil sie das Feuer verursacht hätten, und dass “der Grund, warum sie das Feuer verursacht haben, war, die griechische und andere Regierungen zu erpressen, damit sie aus Moria wegziehen.” [https://www.youtube.com/watch?v=52lWG65Wbq4]

Die Bilder des brennenden Lagers wurden in den internationalen Medien verbreitet und machten einmal mehr auf die grausamen und unmenschlichen Bedingungen aufmerksam, denen die Menschen in den griechischen Flüchtlingslagern ausgesetzt sind. Das Feuer wurde zum Symbol für das Leid und die menschenunwürdige Behandlung von Flüchtlingen am Rande Europas. Er zeigte nicht nur die Grausamkeit des europäischen Grenzregimes, sondern auch das katastrophale Versagen des griechischen Staates, Migranten Schutz zu gewähren und seiner Rolle als “Schutzschild Europas”, die der EU-Kommissar Griechenland im März 2020 zugewiesen hat, nicht gerecht zu werden.

Bislang haben zahlreiche weitere Fälle gezeigt, dass der griechische Staat die Gelegenheit nutzt, Flüchtlinge, die für Proteste verantwortlich gemacht werden, ohne Beweise zu langen Haftstrafen zu verurteilen. So wurden bereits im Sommer 2017 die Moria 35 nach großen Protesten im Lager Moria willkürlich auf der Grundlage von Racial Profiling verhaftet und neun Monate später vor dem Obersten Gericht von Chios verurteilt. In ähnlichen Fällen, wie dem der Verhaftungen der Moria 8, wurden die willkürlich Angeklagten schließlich freigesprochen, aber zuvor monatelang in Untersuchungshaft gehalten.

Wir werden nicht akzeptieren, dass die Leben von sechs jungen Menschen, die schutzsuchend nach Europa kamen, zerstört werden! Wir werden nicht zulassen, dass der Staat und die Medien sie zu dem Sündenbock für die Brutalität und Grausamkeit der europäischen Grenzpolitik der Lagerhaltung machen! Wir fordern Freiheit für alle Angeklagten!

Unterstützt die Moria 6! Ihr Kampf ist unser Kampf!