Category Archives: Balkanroute

[Harmanli21] Anhörung der Angeklagten erneut verschoben

Wir dokumentieren einen Artikel von bordermonitoring Bulgaria:

Court Hearing against the Harmanli 21 again postponed

On the 27th of September the postponed trial (from the 11th and 12th September) took place. Again only 10 Afghan migrants appeared in front of the court. The court did not do a hearing with them. A small group protested once more in front of the court in Solidarity with the accused migrants. The police intervened and stopped the protest by removing the banners and checking the ID cards of the protestors.

[Bosnien] Neuer Bericht aus Bosnien, 13. Oktober 2018

Bericht zur Lage in Bosnien // 13. Oktober 2018

Die Situation in Bosnien unterscheidet sich stark von der in Serbien. Viele Ortsansässige sind sehr freundlich und solidarisch, und verschiedene Organisationen – sowohl NGOs als auch Offizielle (UNHCR, IOM, etc.) – sind hier tätig. Auch die MSF sind aktiv und (wie immer) eine große Unterstützung für freiwillige Gruppen. Außerdem gibt es mehrere aktive Freiwilligengruppierungen, von denen aber nicht viele explizit politisch sind und einige, die mit IOM kooperieren (und dementsprechend von ihnen abhängig sind).

Bisher war die Polizei recht freundlich: sie schlagen niemanden systematisch zusammen und Menschen, die von Bosnien nach Serbien gehen, werden vor Landminen gewarnt statt zurückgedrängt. Mit der steigenden Anzahl von Menschen, die nach Bosnien kommen, wird die Polizei jedoch zunehmend überfordert, Konflikte verschärfen sich und letzte Woche gab es die erste Messerstecherei in Sarajevo.

Hauptbahnhof in Sarajevo, Bosnien – photo credits: BASIS Sarajevo

Außerdem gibt es Gerüchte über einen Migranten, der vor kurzem in Sarajevo gestorben sein soll, was wahrscheinlich ein Unfall war; allerdings hat niemand nähere Informationen dazu. Wir versuchen weiterhin, Näheres dazu zu erfahren. Die Zahl der Fälle von Polizeigewalt steigt an und es werden Videos veröffentlicht, die zeigen, wie Migranten/Geflüchtete willkürlich geschlagen werden, wie Polizisten Migranten/Geflüchtete beleidigen, und Berichte über Freiwillige, die sich für eine menschenwürdige Behandlung von Geflüchteten einsetzen, die von der Polizei herumgeschubst werden. Außerdem gibt es Zeugenaussagen zu bosnischer Polizeigewalt, aber auch diverse Berichte über Raub durch die bosnische Polizei in Republika Srpska, wo die Polizei Geflüchtete/Migranten dazu brachte zu bezahlen, damit sie ihren Weg fortsetzen dürften, und sie dann eine halbe Stunde spaeter mit Polizeiwagen abfing um sie wieder zurückzudrängen. Es gibt Berichte über kroatische Polizisten, die Menschen in verminte Gebiete zurückdrängen, nachdem sie sie ausgeraubt und geschlagen haben. Außerdem gibt es Berichte über bosnische Polizisten aus Republika Srpska, die Menschen dazu zwangen, sich bis auf die Unterwäsche auszuziehen, um sie dann in Handschellen zu legen, sie zu schlagen und sie in einem verlassenen Haus zurückzulassen, wo sie schließlich von Ortsansässigen gefunden wurden, die ihnen Kleidung gaben und sie in einen Bus nach Sarajevo setzten. Andere Berichte sprechen von mehreren ertrunkenen Menschen in Flüssen, und weiterhin unbestätigte Berichte über Menschen, die beim Durchqueren von Bergregionen von Steinschlag getroffen wurden.

Dann ist da noch Velika Kladusa, eine kleinere Stadt im Grenzgebiet. Hier gibt es ein semi-offizielles Wildcamp, in dem auch No Name Kitchen arbeitet, Essen verteilt wird und Duschen zur Verfügung gestellt werden. Mittlerweile kommen auch andere Organisationen dort an, und weil die Lage noch recht chaotisch ist, kommt auch die Polizei, die bisher allerdings keine Schwierigkeiten macht sondern sich eher mit der Kontrolle und Verteilung der Menschenmengen beschäftigt. 

Wildes Lager in Velika Kladus, photo credits to NoNameKitchen

Freiwillige sind zum größten Teil längerfristig dort, scheinen überarbeitet und es ist schwierig in bestehenden Strukturen mitzuwirken. Besonders an V. Kladusa ist die Tatsache, dass die slowenische Grenze nur noch 70-80 km entfernt ist, wenn man es von hier aus geschafft hat, die Grenze nach Kroatien zu überqueren. Allerdings wird die Grenze mit Geräten wie (soweit wir wissen) einer Art Audioradar, Dronen, Infrarotkameras stark überwacht und auch hier werden Menschen von Slowenien nach Bosnien zurückgedrängt (2 Grenzüberquerungen). Es gibt Berichte über schwere Gewalt besonders durch die kroatische Polizei, wenn Menschen zurückgedrängt werden. Diese Gewalt beinhaltet sowohl Schlägereien als auch Raub von Kleidungsstücken, Telefonen und Schuhen; auch Frauen und Kinder sind betroffen.

Der nächste Ort ist Bihac. Wir waren noch nicht dort, aber die viele der Geflüchteten/Migranten sind hier. Bald soll hier ein offizielles Camp für ca. 1.000 Menschen entstehen, aber bisher ist es nichts weiter als ein leerer Rohbau namens Borici Camp, das früher mal ein Studentenwohnheim war aber dann verlassen wurde. Das Gebäude ist so heruntergekommen, dass es Löcher in den Böden hat, durch die Menschen fallen, und Treppen ohne Geländer.

“Offizielles Lager” Borici in Bihac, photo credits: Balkan Insights

Es wird vom Bosnischen Roten Kreuz betrieben und ist auch für Familien geöffnet, die aus Sarajevo dorthin geschickt werden. Auch von hier aus versuchen Menschen die westliche Grenze nach Kroatien zu überqueren. Auf den ersten Blick scheint das nicht viel Sinn zu ergeben, weil der Weg durch das feindliche Kroatien viel länger ist, doch weil die Grenze bei V. Kladusa so stark überwacht wird, müssen die Menschen ihr Glück anderswo versuchen. Es gibt Berichte über eine große Schlägerei zwischen verschiedenen Ethnizitäten vor einigen Tagen, nach der die Polizei Menschen wegschickte. Diese Berichte kamen aus Velika Kladusa, wo einige Menschen hingeschickt wurden. Die meisten Menschen kehrten jedoch direkt nach Bihac zurück. Die Bedingungen im offiziellen Camp in Bihac sind besser für Familien, da es dort angeblich medizinische Unterstützung gibt und die Menschen nicht in Sommerzelten auf schlammigen Feldern campen müssen.

Ein weiterer Ort des Geschehens ist Mostar, das weiter im Südwesten von Bosnien liegt. Dort gibt es ein sogenanntes Empfangszentrum namens Salakovac mit einem offiziellen Camp. Auch von hier aus versuchen Menschen die Grenze zu überqueren. Außerdem gibt es dort viele Kinder, weil die Einrichtung für Familien bestimmt ist.

In Delijas gibt es ein Camp und offenes Empfangszentrum für alleinreisende Männer, das einen Ruheplatz und medizinische Versorgung anbietet. Solange Delijas nicht voll ist, können IOM, UNHCR und die bosnischen Behörden sagen, dass noch Platz in den Camps ist. Es ist 3 Stunden von der nächsten Bushaltestelle und eine Stunde vom nächsten kleineren Laden entfernt. Zusätzlich dazu muss man berücksichtigen, dass es praktisch kein Telefonnetz gibt, sodass es unmöglich ist, mit der Familie zu kommunizieren oder anderweitig Informationen zu erhalten.

credits fuer Korrektur und Uebersetzung an J. Schley, Berlin

[Harmanli21] Repression und Rassismus gegen Protestierende beim Prozess gegen die Harmanli21

Wir dokumentieren einen Bericht von Genoss*innen des FreeTheHarmanli21-Kampagne aus Bulgarien (https://harmanli21.wordpress.com/):

On September 27, 2018,  took place the postponed on the 11th and 12th September consecutive session of the Regional Court in Harmanli against the accused in the destruction of public property and hooliganism of 10 out of 21 migrants from Afghanistan.

Once again the long-awaited hearing of the accused themselves has not happened. The reason is that witnesses are missing. The next court hearing is scheduled for October 24th and 25th at 9:30 am.

Shortly after the end of the session, two people waved banners with the slogans “Freedom for the 21 migrants from Harmanli” and “No one is illegal” and chanted “Freedom” and “Azadi” (“Freedom” in most languages of the Iranian group). Literally a minute after the start of the action, they were forced by the police to remove the banners, searched and checked their ID cards. The policemen said they had no right to protest infront of the court, saying: “Who told you that you can protest here?!”. One of the policemen said that as protecting them, they need to know what immense damage the migrants caused during the 2016 rebellion. One of the protesters said she had been an emigrant for most of her life and she knows very well what it is like to be in such a situation, to which the policeman replied (quote): “Yes, but there is a big difference between white and black migrants”… Asked for his name to be quoted for this frankly racist speech, he refused to give and legitimize. A little later, another police officer said that the name of the one with the racist speech is Lyuben Lyubenov, which is hardly true.

From all this, to us it follows that the attention of the authorities is already drawn and that it will be more and more difficult to protest without notice even outside the Harmanli court. We are also not surprised by the frankly racist attitude of a representative of the Bulgarian police towards people from the Middle East as a whole and Afghanistan in particular.

[Röszke11] Das letzte Urteil: 5 Jahre Haft für Ahmed H.

Wir dokumentieren einen Bericht der Kampagne FreetheRöszke11 von der wir auch Teil sind:

The trial is over. We are somehow speechless, captured between hope and rage about the conviction. We need to reflect upon the final verdict and will soon publish a statement. For now, all our thoughts and messages are with Ahmed!

Nonetheless we share with you a statement of the international observation delegation, amongst others formed by European Civic Forum and Swiss Democratic Lawyers:
(get their pdf in English // Deutsch // Francais)

Statement of the international observation delegation of the trial against Ahmed H.

Szeged, Hungary, 20.9.2018
On September 20 th 2018, we were again as international observers at the trial against the Syrian Ahmed Hamed in Szeged (Southern Hungary). In September 2015, Ahmed H. had accompanied his parents and his brother’s family fleeing the war from Syria to Europe. He himself is married to a Cypriot woman and has two children with her. He was helping his family for obvious humanitarian reasons. Unfortunately, violent clashes between the police and the refugees occurred near the little town of Röszke after the sudden closing down of the Hungarian border. Ahmed was then arrested as a “gang leader”.

In the first instance, Ahmed H. was sentenced to 10 years imprisonment for “terrorism” in a summary trial. In the revision in March 2018, at which we already assisted, the sentence was reduced to 7 years. The accusation of terrorism remained.
Now the trial in the second instance took place before the Court of Appeal in Szeged.
After the pleas of the public prosecutor’s office and the defence, as well as the final word of the accused, the three judges announced their verdict the same morning. Although the prosecutor still insisted on an extremely high sentence of 14 to 25 years of imprisonment, the judges reduced the sentence to 5 years.
The Court of Appeal considered it as proven that Ahmed H. had initially mediated in the protests against the closing of the border and helped injured persons. After the police had massively used tear gas and water cannons against the migrants, old people and children, Ahmed and other migrants threw stones against the police
officers posted behind the border fence. The judges argued that through his behaviour, the accused had used forceful means to demand that Hungarian border should be opened for migrants – against the will of the police and of the Hungarian state. In their interpretation, this equalled terrorist handling. In our eyes, this is an untenable construct to legitimise the accusation of “terrorism”. In Hungary, terrorism is punishable by a minimum sentence of 10 years of prison. The Court of Appeal pronounced, like the second judgement of the first instance, even less than the minimum sentence because it took into account Ahmed’s mediating behaviour and his
regret about the stones he had thrown.
But nevertheless: Ahmed H. is now convicted as a terrorist for having thrown five stones from a distance of 30 meters against a police cordon. Nobody had been hit or injured. As international observers, we are extremely shocked by this sentence. This verdict shows once again that the trial was a political trial, in which Ahmed H. had to serve as a scapegoat to justify the anti-refugee and racist policies of the Hungarian government. The sentence equally shows the lack of independence of the judges from the government. Moreover, through the extensive use of the concept of terrorism, the verdict opens the door to the further criminalization of refugees and their supporters as well as of possible oppositional social movements.

Ahmed H. has already been in detention for three long years. The court recognises that these 3 years will be taken in account in the punishment of 5 years. Additionally, Ahmed has been banned from the country for 10 years and has to stand up for most of the costs of the proceedings. Fortunately, the judges also ordered the transfer of Ahmed to the normal prison system and stated that if good conduct continued, he could be released conditionally in four months.

We hope that Ahmed H. will soon be able to return to his wife and children! This would at last be the end of a kafkaesque tragedy that has shown the lack of independence of the legal system from a brutal political power.

Claude Braun (CH), Camillo Römer (D) and Michael Rössler (CH, D) from the European
Civic Forum, Basel (CH)

Guido Ehrler, lawyer, Basel (CH), mandated by the Democratic Jurists Switzerland

[Ungarn] Erklärung der internationalen Beobachtungsdelegation am Prozess gegen Ahmed H. Szeged, Ungarn, 20.9.2018

Am 20. September 2018 waren wir erneut als internationale Beobachter beim Prozess gegen den Syrer Ahmed Hamed in Szeged (Südungarn). Ahmed H. hatte im September 2015 seine Eltern und die Familie seines Bruders auf der Flucht von Syrien nach Europa begleitet und aus menschlicher Not gehandelt, als es nach der plötzlichen Schliessung der ungarischen Grenze zu gewaltsamen Auseinandersetzungen zwischen der Polizei und den Flüchtenden kam. Danach wurde er als „Rädelsführer“ verhaftet.

In der ersten Instanz war Ahmed H. in einem Schnellverfahren zu 10 Jahren Haft wegen „Terrorismus“ verurteilt worden. In der Revision im März 2018, an der wir bereits anwesend waren, wurde das Strafmass auf 7 Jahre reduziert. Der Terrorvorwurf blieb bestehen.

Jetzt fand die Verhandlung in der zweiten Instanz vor dem Berufungsgericht in Szeged statt. Nach den Plädoyers der Staatsanwaltschaft und der Verteidigung sowie dem Schlusswort des Angeklagten kam es noch am Morgen zur Urteilverkündigung der drei RichterInnen. Obwohl die Staatsanwaltschaft nach wie vor auf einem extrem hohen Strafmass von 14 bis zu 25 Jahren Gefängnis beharrte, reduzierten die RichterInnen die Strafe von der ersten Instanz noch einmal auf jetzt 5 Jahre. Das Berufungsgericht hielt es für erwiesen, dass Ahmed H. bei den Protesten gegen die Schliessung der Grenze anfänglich vermittelt und verletzten Personen geholfen hatte, sich dann aber nach mehreren Stunden zu fünf Steinwürfen gegen die hinter dem Grenzzaun postierten Polizisten hinreissen liess, nachdem diese massiv Tränengas und Wasserwerfer auch gegen alte Menschen und Kinder eingesetzt hatten.

Durch sein Verhalten habe der Angeklagte unter Anwendung von Gewalt die Forderung erhoben, gegen den Willen der Polizeiführung ungarisches Territorium rechtswidrig zu betreten. Er wollte somit die Staatsorgane nötigen, die Grenze zu öffnen – eine in unseren Augen unhaltbares Konstrukt, um den Vorwurf des „Terrorismus“ zu legitimieren. In Ungarn ist Terrorismus mit einer Mindeststrafe von 10 Jahren belegt. Das Berufungsgericht ging (wie das zweite Urteil der ersten Instanz) unter diese Mindeststrafe, weil es verschiedene mildernde Umstände berücksichtigte.

Doch „Milde“ hin oder her: Ahmed H. ist jetzt wegen fünf im Affekt aus mindestens 30 Meter Entfernung abgegebenen Steinwürfen gegen einen Polizeikordon, die niemanden trafen oder verletzten, ein verurteilter Terrorist. Als internationale Beobachter sind wir über diese Tatsache schockiert. Dieses Urteil zeigt erneut, dass das Verfahren von Anfang an ein politischer Prozess war, an dem Ahmed H. als Sündenbock herhalten musste, um die flüchtlingsfeindliche und rassistische Politik der ungarischen Regierung zu rechtfertigen. Ahmed H. bleibt dadurch weiterhin auf das Schwerste stigmatisiert. Dass die RichterInnen dies in Kauf genommen haben, spricht gegen ihre Unabhängigkeit von der Orban-Regierung und auch gegen die Unabhängigkeit ihres Gewissens. Zudem öffnet das Urteil durch die extensive Anwendung des Terrorismus-Begriffs Tür und Tor für die weitere Kriminalisierung von Flüchtenden und ihren UnterstützerInnen sowie von möglichen regierungskritischen sozialen Bewegungen.

Ahmed H. ist bereits seit 3 langen Jahren in verschärfter Untersuchungshaft. Das Gericht hat jetzt im rechtsgültigen Urteil diese drei Jahre in den 5 verhängten Jahren verrechnet. Der Verurteilte hat zusätzlich 10 Jahre Landesverbot bekommen und muss den grössten Teil der Verfahrenskosten tragen. Ahmed H. kann nach der Verbüssung von Zweidritteln der Strafe frei kommen. Ausserdem ordneten die RichterInnen die Überführung von Ahmed H. in den normalen Strafvollzug an und hielten fest, bei weiterhin guter Führung könne er in vier Monaten bedingt entlassen werden.

Wir freuen uns, wenn Ahmed H. endlich zu seiner Frau und seinen Kindern zurückkehren kann! Damit wäre ein kafkaeskes Trauerspiel zu Ende, das auf eklatante Weise die Verflechtung brutaler politischer Macht mit einer willfährigen Justiz zu Tage gefördert hat.

Claude Braun (CH), Camillo Römer (D) und Michael Rössler (CH, D) vom Europäischen BürgerInnen Forum, Basel (CH), Guido Ehrler, Anwalt, Basel (CH), mandatiert von den Demokratischen JuristInnen Schweiz

[Röszke11] “Wenn sie mich bestrafen können, dann kann es jede*n treffen” – Aufruf zu Ahmed H.`s Prozess am 20.09.

Der nächste Prozess gegen Ahmed H. findet am 20.9. in Szeged/Ungarn statt.

Adresse:
Szegedi Ítélőtábla (Berufungsgericht)
6721 Szeged
Sóhordó utca 5
Beginn 9h

Ahmed H. wurde wegen “Terrorismus” in Ungarn zuletzt zu 7 Jahren Haft
verurteilt, weil er im September 2015 mit tausend anderen Geflüchteten
am Grenzübergang Röszke (Serbien/Ungarn) gegen die plötzliche Schließung
der Grenze protestierte.

Ahmed dient Orbán und seiner rechten Partei Fidesz als Sündenbock für
ihre rassistische Politik gegen Geflüchtete.
Der letzte Prozess in 1. Instanz fand im März 2018 statt (siehe unseren
Prozessbericht auf www.freetheroszke11.weebly.com) kurz vor den
Parlamentswahlen statt, aus denen Orbán als satter Sieger hervorging.
Gegen das Urteil zu 7 Jahren Haft (statt zuvor 10 Jahren) legten
Verteidigung und Staatsanwalt Berufung ein.

Nun wird das Berufungsgericht zum zweiten Mal entscheiden.

Ahmed sagt, wenn wir diesen Prozess ignorieren, dann ist er nur ein
erstes Opfer des neuen rechten Justiz-Systems:

“Wenn sie mich bestrafen können, dann kann es jede*n treffen. Mit diesem
Prozess erschaffen sie neues Recht. Ich war nur ein Mensch in einer
großen Menschenmenge und sie verurteilen mich als Terrorist.
Wenn sie das mit mir machen können, dann kann das zukünftig jeden und
jede treffen, der/die sich in einer Menschenmenge aufhält.”

Ahmed ist inzwischen seit drei Jahren im Knast in Budapest. Er muss
sofort raus!

Lasst uns im Prozess Solidarität zeigen! Kommt nach Szeged! Spread the
word! Zeig deine Wut auf die Ungarische Regierung!

#FreeAhmed #FreeTheRöszke11
stay tuned:
https://freetheroszke11.weebly.com/
@freetheroszke11

[Harmali21] Prozess gegen die Harmanli21 hat begonnen

Yesterday, the trial against the Harmanli 21 has started finally, after it was already postponed two times. Still only 10 people were present in front of the court and were brought in via the back door. The local District Court of Harmanli announced that during the trial more than 60 witnesses will be questioned. The fact that no investigation was done by the authorities concerning the police violence against the asylum seekers in the camp of Harmanli was criticized by Bulgarian Human Rights Organizations. In front of the court a group of people protested in solidarity of the accused migrants. The next court hearing will take place on the 11th of September 2018.

Source: http://bulgaria.bordermonitoring.eu/2018/08/07/the-trial-against-the-harmanli-21-has-started/

[Röszke11] Neue Flyer und Plakate für Ahmed H.s Prozess im September zum Selbstausdrucken

Frischer Text, ähnliches Layout. Druckt und verbreitet die Flyer und Plakate, schafft Öffentlichkeit für Ahmed und zeigt eure Solidarität! Der Prozess startet am 20. September in Budapest. Migration is not a Crime!

Die Flyer und Plakte gibt hier zum Selbst-Ausdrucken:

Flyer Free Ahmed H. (Juni 2018)
Plakat Free Ahmed H. (Juni 2018)

 

[Harmanli21] Prozess gegen die Harmanli21 erneut verschoben

Wir dokumentieren einen Bericht vom 2. Prozesstag gegen die angeklagten Harmanli 21 vom 5. Juni 2018 von unseren Genoss*innen von bordermonitoring Bulgaria.

Banner in the court: „Freedom for the 21 migrants from Harmanli“

On the 5th of June 2018 the trial against the Harmanli 21 was postponed again. As last time, 10 of the 21 accused migrants were present. The hearing started with people in attendance to support the migrants. They took out a sign saying “Azadi” (the word for “freedom” in several languages. They also showed a banner in support of all the persecuted, saying “Freedom for the 21 migrants from Harmanli” in Bulgarian. Afterwards they were expelled from the court room. One of the migrants was rudely silenced by the judge for thanking the protestors.

The supporters claimed that they are not a part of an organization and just people, who came in solidarity. Some media did not quote their banner correctly afterwards and some media reports following the events on the very same day noted that among the supporters were foreigners and not everyone spoke Bulgarian language. A journalist challenged the protesters with a question about police being injured during the riot. One of them answered, by stressing the fact that a 15 year-old boy was in a coma after police violence following the riot and no police has been investigated or accused until today.

The hearing continued with only two out of the 10 present migrants disagreeing with starting the trial right away. The statements of all the lawyers were pleading against a start – they argued that one month has not passed since the start of the search for the 11 missing migrants. The trial was postponed until August 7th, 2018 at 13.30 h in the Regional court in Harmanli.

[Harmanli21] “Im Schlaf verprügelt”

Wir dokumentieren einen Artikel von Matthias Fiedler von bordermonitoring.eu, zuerst erschienen in jungle world 2018/21 (am 24.05.2018). Zu finden auch unter: https://jungle.world/artikel/2018/21/im-schlaf-verpruegelt

In Bulgarien beginnt Anfang Juni ein Prozess gegen Asylsuchende, denen vorgeworfen wird, 2016 im Flüchtlingslager Harmanli ­randaliert zu haben. Damals gab es zunächst friedliche Proteste gegen die katastrophalen Unterbringungsbedingungen.

Die bulgarische Stadt Harmanli am Fluss Mariza, der in Griechenland Evros genannt wird, liegt an einer wichtigen Transitroute nach Istanbul und hat etwas mehr als 20 000 Einwohner. Sie ist nur einige Dutzend Kilometer vom Dreiländereck zwischen Bulgarien, Griechenland und der Türkei entfernt. Seit 2013 gibt es auf einem ehemaligen Militärgelände am Stadtrand ein Lager für Flüchtlinge, das derzeit etwa 2 710 Plätze hat. In den ersten Monaten nach Eröffnung des Lagers mussten Flüchtlinge notdürftig in Zelten unterkommen und sich am offenen Feuer wärmen. Schrittweise wurden die fensterlosen Gebäude renoviert und zusätzlich Container auf das Gelände gestellt.

Geschehnisse im Lager, die sich im Jahr 2016 ereigneten, beschäftigen zurzeit die bulgarische Justiz. Anfang September 2016 forderten Anwohnerinnen und Anwohner, das damals völlig überfüllte Lager zu schließen. Unterstützt wurden sie von der rechtsextremen Partei Bulgarische Nationale Bewegung (IMRO) und anderen rechtsextremen Organisationen. In der Stadt kursierten Gerüchte, die Flüchtlinge hätten Seuchen und bedrohten die Einwohner. Die Proteste wurden größer und der Druck auf die lokale Verwaltung stieg.

Schließlich verhängte sie im November 2016 eine permanente Ausgangssperre über das Lager, die vom Gesundheitsministerium in Sofia mit einer Quarantänemaßnahme gerechtfertigt wurde. Später stellte sich jedoch heraus, dass eine derartige Maßnahme gar nicht nötig gewesen wäre. Die Asyl­suchenden protestierten gegen die Abriegelung des Lagers, ihre vollständige Isolierung von der Außenwelt und die Zustände im Lager. Nach zwei Tagen Ausgangssperre griffen manche Protestierende zu Gewalt. Einige Asylsuchende hatten sich mit Steinen bewaffnet und warfen sie auf die Polizei, die das Lager großräumig abriegelte. Die Beamten antworteten mit Knüppeln und dem Einsatz von Wasserwerfern. Der Einsatz erstreckte sich bis in die darauffolgende Nacht. Freiwillige Helferinnen und Helfer erhielten Anrufe von Flüchtlingen, die sagten, sie hätten geschlafen und seien unvermittelt von der Polizei angegriffen worden, obwohl sie gar nicht am Aufstand beteiligt gewesen seien. Zahlreiche Fotos wurden noch in derselben Nacht in sozialen Netzwerken veröffentlicht, die Flüchtlinge mit blutenden Kopfwunden und Verletzungen am Körper zeigten. Rechtsextreme bedrohten diejenigen, die die Bilder veröffentlicht hatten.

Die Behörden gaben später an, dass 300 Asylsuchende während der Krawalle verhaftet worden seien. Am 28. November 2016 ließen sie verlauten, dass sich 50 afghanische Flüchtlinge bereit erklärt hätten, in das Land zurückzukehren. Um das Lager in Harmanli wurde ein über zwei Meter hoher Metallzaun mit Stacheldraht gebaut. Knapp 300 Polizisten, die am Einsatz beteiligt gewesen waren, erhielten Geldprämien, die Vorwürfe gegen die Polizei wurden nicht überprüft.

Im März 2018 äußerte sich eine Sprecherin des UNHCR Bulgarien zu den Lebensbedingungen in den offenen Unterkünften für Asylsuchende: Die hygienischen Zustände seien weiterhin mangelhaft und der Schutz von Asylsuchenden sei nicht ausreichend gewährleistet. Seit den Ausschreitungen von Harmanli nimmt die Staatliche Agentur für Flüchtlinge (SAR) in Bulgarien Menschen in Haft, deren Asyl­verfahren noch nicht entschieden sind.

Am 5. Juni soll der Prozess gegen 21 Personen beginnen, die angeklagt sind, an den Ausschreitungen im Jahr 2016 beteiligt gewesen zu sein. Sie werden des Rowdytums und der Zerstörung von Eigentum beschuldigt. Die Behörden beziffern den Sachschaden auf 85 000 Lewa (43 000 Euro). Eigentlich sollte der Prozess bereits im April stattfinden, doch nur zehn der Beschuldigten erschienen damals vor Gericht, woraufhin der Prozess nach 30 Minuten abgebrochen und vertagt wurde. Die zehn Angeklagten waren von der Migrationsbehörde aus der Haftanstalt für Migranten in Ljubimez abgeholt und zum Gerichtsgebäude gefahren worden; den anwesenden Medien erklärten einige von ihnen, dass sie unschuldig seien. Das Gericht erhofft sich nun bis 5. Juni Klarheit über den Verbleib der restlichen Ange­klagten.

Der Fall erinnert an das Gerichts­verfahren gegen 35 Migranten, die auf der griechischen Insel Lesbos festgenommen worden waren. Auch dort hatte es nach einem zunächst friedlichen Protest vor dem Europäischen Unterstützungsbüro für Asylfragen (EASO) am 17. und 18. Juli 2017 einen Aufstand im völlig überfüllten Lager Moria gegeben. Die rabiat durchgeführten Festnahmen fanden eine Stunde nach dem Abflauen der Unruhen statt. 32 Asylsuchende wurden im April zu zweijährigen Gefängnisstrafen verurteilt. Viele von ihnen beteuerten vor Gericht ihre Unschuld und gaben an, willkürlich von der Polizei festgenommen und verprügelt worden zu sein.